Barcelona – Das Parlament der spanischen Region Katalonien hat den Weg für das umstrittene Unabhängigkeitsreferendum am 1. Oktober geebnet. Die Abgeordneten der separatistischen Parteien der Regionalregierung verabschiedeten am späten Mittwochabend in Barcelona trotz heftiger Proteste der katalanischen Opposition und der Zentralregierung in Madrid das sogenannte Referendumsgesetz. Dieses Gesetz – die rechtliche Grundlage für die Abstimmung – wurde mit 72 Ja-Stimmen bei elf Enthaltungen angenommen.
Es gab keine Gegenstimme, weil die Abgeordneten der meisten Oppositions-Parteien – die Konservativen, die Sozialisten und die Liberalen – die Abstimmung boykottierten und vor dem Votum den Saal verliessen. Nach dem Abstimmungssieg standen die separatistischen Abgeordneten, die in Barcelona über eine Mehrheit der Sitze verfügen, alle auf und sangen die katalanische Nationalhymne.
Verfassungsgericht dürfte Pläne für nichtig erklären
Der katalanische Regierungschef Carles Puigdemont unterzeichnete schon kurz nach dem Votum das Dekret zur Ausrufung der Volksabstimmung über eine Loslösung der Region von Spanien. Es wird aber erwartet, dass der spanische Ministerpräsident Mariano Rajoy das Referendumsgesetz bald beim Verfassungsgericht anfechten wird. Wie bei früheren Anfechtungen werden die Richter die Abstimmungspläne dann wohl erneut für nichtig erklären.
Puigdemont meinte allerdings schon mehrfach, das Referendum werde «so oder so» stattfinden. Die separatistischen Parteien planen im Fall eines Sieges beim Referendum vom 1. Oktober eine Unabhängigkeitserklärung sowie die Einleitung eines verfassunggebenden Prozesses «innerhalb von zwei Tagen».
Rajoy hatte derweil vor wenigen Tagen erneut betont, man werde die Abspaltung der wirtschaftsstärksten Region des Landes unter keinen Umständen zulassen. «Die Katalanen können dieses Referendum nicht wie geplant durchführen, weil sie dazu weder von der Verfassung noch von irgendeinem Gesetz ermächtigt werden.»
Die stellvertretende Ministerpräsidentin Soraya Sáenz de Santamaría bezeichnete das von Barcelona geplante Referendum am Mittwoch als «Gewaltakt», wie er sonst eher in «diktatorischen Regimes» vorkomme. Die Demokratie werde in Katalonien mit Füssen getreten. (awp/mc/pg)