Kehrtwende in Brasilien: Präsident stimmt Ermittlungen zu

Kehrtwende in Brasilien: Präsident stimmt Ermittlungen zu
Brasiliens Präsident Michel Temer.

Brasília – Brasiliens Präsident Michel Temer hat den Einspruch gegen Strafermittlungen gegen ihn überraschend zurückgezogen. «Wir wollen, dass alles so schnell wie möglich geklärt wird», sagte sein Anwalt Gustavo Guedes am Montag. Am Samstag noch hatte Temer ein Aussetzen der Ermittlungen durch den Obersten Gerichtshof gefordert. Dieser wollte am Mittwoch entscheiden, aber da zunächst die Beweismittel bewertet werden sollen, hätte sich die Entscheidung wohl ohnehin verzögert. Es geht um den Vorwurf von Schweigegeldabsprachen und Korruption. Temer lehnt einen Rücktritt ab – das käme einem Schuldeingeständnis gleich.

Der neuntgrössten Volkswirtschaft droht durch den Skandal eine Hängepartie, zu einem Zeitpunkt, wo man langsam die tiefe Rezession überwindet. Unklar ist, was die Kehrtwende für Temers Koalition bedeutet. Der wichtigste Koalitionspartner, die sozialdemokratische PSDB hatte den Verbleib von einer Aussetzung der Ermittlungen gegen Temer abhängig gemacht. Diese gehen nun aber erst einmal weiter.

Mitschnitt authentisch oder manipuliert?
Im Fokus steht ein 38 Minuten langer Mitschnitt eines Gesprächs zwischen Temer und dem Besitzer des weltgrössten Fleischkonzerns JBS, Joesley Batista, der heimlich das Treffen aufgezeichnet hatte. JBS soll über Jahre Politiker bestochen haben – Batista zahlte rund 65 Millionen Euro in einem Vergleich und packte aus. Der Unternehmer ist aber nach Bekanntwerden des Skandals nach New York ausgereist, nun müssen erst einmal die Originalaufnahmen von dort herbeigeschafft werden.

Temers Anwälte argumentieren, der Mitschnitt sei manipuliert, es gebe rund 70 Merkwürdigkeiten. Die Aufnahmen nähren den Verdacht von Schweigegeldabsprachen, damit Ex-Parlamentspräsident Eduardo Cunha, der bereits im Gefängnis sitzt, nicht sein Wissen über das ganze Korruptionsnetzwerk preisgibt. Temer soll zudem für seine letzte Wahlkampagne von JBS 15 Millionen Reais (4,2 Mio Euro) erhalten und eine Million (280 000 Euro) in die eigene Tasche gesteckt haben. (awp/mc/ps)

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