Jeder gegen jeden, alle gegen Bloomberg – Hitzige Demokraten-Debatte

Jeder gegen jeden, alle gegen Bloomberg – Hitzige Demokraten-Debatte
Einander nichts geschenkt: Die demokratischen US-Präsidentschaftsbewerber bei ihrer jüngsten TV-Debatte in Las Vegas mit "Newcomer" Michel Bloomberg (links).

Las Vegas / Washington – Bei der bislang konfrontativsten Fernsehdebatte der demokratischen US-Präsidentschaftsbewerber hat der in Umfragen aufstrebende Michael Bloomberg harte Attacken einstecken müssen. Bei der Runde in Las Vegas in der Nacht zu Donnerstag griffen ihn alle anderen fünf Demokraten ab der ersten Minute an. Sie warfen Bloomberg unter anderem vor, in seiner Zeit als Bürgermeister von New York rassistische Polizeitaktiken vorangetrieben und in seinem Unternehmen Frauen diskriminiert zu haben. Weitere Vorwürfe gegen den Milliardär: Er lege seine Steuererklärungen nicht offen und wolle sich die Nominierung der Demokraten für die Präsidentschaftswahl erkaufen. Bloomberg hatte Mühe, sich gegen die Angriffe zur Wehr zu setzen.

Aber nicht nur er wurde bei der Debatte zur Zielscheibe harter Kritik. Alle Präsidentschaftsanwärter auf der Bühne – mit dabei auch die Senatoren Bernie Sanders und Amy Klobuchar sowie der frühere US-Vizepräsident Joe Biden und der Ex-Bürgermeister Pete Buttigieg – griffen einander heftig an. In einer teils atemlosen Debatte nutzten die Präsidentschaftsbewerber nahezu jede Antwort für eine Breitseite gegen die Konkurrenz.

Linke gegen Moderate
In dem Bewerberfeld geht es um einen Kampf zwischen linken und moderaten Demokraten: Sanders und Warren haben beide eine klar linke Agenda, die übrigen vertreten gemässigte Positionen.

Bloomberg, der einst das nach ihm benannte Finanz- und Medienunternehmen gründete, ist einer der reichsten Menschen der Welt. Er war erst Ende November und damit sehr spät in das Rennen eingestiegen und arbeitete sich nach und nach in nationalen Umfragen nach vorne. Inzwischen liegt er dort auf Rang drei. Für ihn war es die erste TV-Debatte, zur Teilnahme qualifiziert hatte er sich durch Umfrageergebnisse. Bloombergs Umfrageerfolge und seine quasi unerschöpflichen finanziellen Wahlkampfressourcen machen die Konkurrenz sichtlich nervös.

Warren etwa sagte mit Blick auf Bloomberg und den republikanischen Präsidenten Donald Trump, es mache keinen Sinn, «einen arroganten Milliardär durch einen anderen zu ersetzen». Sie bezeichnete Bloombergs frühere Polizeitaktiken in New York als rassistisch und setzte ihm vor allem mit Blick auf Vorwürfe zu, er habe sich in seinem Unternehmen wiederkehrend sexistisch gegenüber weiblichen Angestellten geäussert und die Betroffenen mit Vertraulichkeitsvereinbarungen zum Schweigen gebracht. Warren forderte Bloomberg auf, diese Vereinbarungen aufzuheben und die Vorwürfe aufzuklären. Buttigieg wiederum warf Bloomberg vor, er wolle die demokratische Partei kaufen. Sanders nannte Bloombergs Reichtum unmoralisch.

Bloomberg verspricht Finanzen bald offenzulegen
Dieser bemühte sich nach Kräften, die Anwürfe abzuwehren. So versprach Bloomberg etwa die baldige Offenlegung seiner Finanzen und entschuldigte sich erneut für die unter seiner Ägide in New York eingeführte und später als verfassungswidrig eingestufte Polizeitaktik «stop and frisk», bei der Polizisten Menschen willkürlich kontrollieren und durchsuchen konnten – was in New York überdurchschnittlich oft Afroamerikaner und Latinos traf. Mit Blick auf sein immenses Vermögen entgegnete Bloomberg, er habe hart dafür gearbeitet und spende grosse Summen, um das Land besser zu machen. In die Defensive geriet er beim Thema Sexismus. Er wies hier auch Warrens Forderung nach einer Aufhebung der Stillschweigevereinbarungen zurück.

Diverse Attacken bekam bei der TV-Debatte allerdings auch Sanders ab, der derzeit in nationalen Umfragen führt. Seine Mitstreiter warfen ihm unter anderem vor, seine Pläne für eine staatliche Krankenversicherung für alle seien vollkommen unbezahlbar und im US-Kongress nicht mehrheitsfähig. Buttigieg sagte, Sanders wolle mit seinen radikalen Ideen die Partei zugrunde richten.

Klobuchar wiederum, die bei der jüngsten Vorwahl in New Hampshire überraschend den dritten Platz erreicht hatte, war einigem Spott dafür ausgesetzt, dass sie kürzlich in einem Interview nicht in der Lage gewesen war, den Namen des mexikanischen Präsidenten Andrés Manuel López Obrador zu nennen. Warren wiederum hielt Klobuchar vor, deren Pläne in Sachen Krankenversicherung seien mehr als dünn.

Hart umkämpftes Rennen
Die harten Auseinandersetzungen zeigen, wie umkämpft das Rennen ist. Im US-Bundesstaat Nevada, wo die Demokraten diesmal zur Debatte antraten, steht am Samstag die nächste Vorwahl an. In den ersten beiden Vorwahl-Staaten Iowa und New Hampshire hatten Sanders und Buttigieg vorne gelegen. Biden, der lange als Favorit in dem Rennen galt, fuhr jeweils nur einen enttäuschenden vierten und fünften Platz ein. Bei der Debatte in Las Vegas blieb er von Attacken weitgehend verschont – ein Zeichen dafür, dass ihn seine Mitstreiter kaum mehr als grosse Konkurrenz anzusehen scheinen.

Auch in Nevada liegt Sanders in Umfragen vorne. In South Carolina hat Biden seinen grossen Umfrage-Vorsprung über die vergangenen Wochen eingebüsst und liegt dort nur noch knapp in Führung. Sollte er dort am Ende auch schwächeln, wäre das ein Desaster für ihn. Wer in den ersten Vorwahlstaaten versagt, dem werden für das gesamte Rennen trübe Aussichten nachgesagt.

Am 3. März steht die nächste grosse Wegmarke an: der «Super Tuesday» mit Vorwahlen in mehr als einem Dutzend Bundesstaaten. Bloomberg hat die ersten Vorwahl-Staaten bei seiner Wahlkampagne komplett ausgespart und setzt alle Kraft auf die «Super Tuesday»-Staaten. (awp/mc/ps)

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