Kongress will Trumps Veto des Verteidigungshaushalts überstimmen
Washington – Nach seinem Veto des Verteidigungshaushalts muss Donald Trump kurz vor dem Ende seiner Präsidentschaft erstmals damit rechnen, im Kongress von beiden Parteien überstimmt zu werden. Das Repräsentantenhaus sollte schon an diesem Montag erneut über das Budget im Umfang von 740 Milliarden Dollar abstimmen. Die Abgeordneten könnten Trumps Veto mit einer Zweidrittelmehrheit überstimmen. Der Senat will sich offenbar am Dienstag damit befassen. Mit dem Gesetzespaket soll unter anderem auch der US-Truppenabzug aus Deutschland vorerst blockiert werden.
Der Militärhaushalt war ursprünglich von beiden Kammern mit mehr als einer Zweidrittelmehrheit beschlossen worden. Sollte es diese Woche wieder dazu kommen, wäre es das bislang erste Mal, dass sich der Kongress über ein Veto Trumps hinwegsetzt.
Trump: «Geschenk» für China und Russland
Trump erklärte am Wochenende über Twitter, das Gesetzespaket sei ein «Geschenk» für China und Russland, das es zudem unmöglich mache, US-Soldaten im Ausland «nach Hause zu bringen». Zur Begründung seines Vetos hatte er am Mittwoch unter anderem erklärt, das Parlament wolle den von ihm angeordneten Truppenabzug aus Deutschland blockieren. Auch kritisierte er, dass mit dem Gesetz Online-Plattformen nicht stärker reglementiert würden. Zudem sprach er sich gegen die geplante Umbenennung mehrerer Militärstützpunkte aus, die nach Helden der einstigen Konföderierten benannt sind. Die Truppen der Südstaaten hatten im Amerikanischen Bürgerkrieg gegen die Abschaffung der Sklaverei und mehr Rechte für Schwarze gekämpft.
Widerstand über Parteigrenzen hinweg
Im Kongress regte sich sofort Widerstand – und das in beiden Parteien. Die Vorsitzende des Repräsentantenhauses, die Demokratin Nancy Pelosi, warf Trump vor, das Land in den letzten Zügen seiner Amtszeit noch ins «Chaos» stürzen zu wollen. Das Veto sei ein Akt «atemberaubender Verantwortungslosigkeit», das dem Militär dringend benötigte Mittel verweigere, erklärte Pelosi. Der republikanische Vorsitzende des Verteidigungsausschusses im Senat, Jim Inhofe, erklärte, das Gesetzespaket sei «absolut unerlässlich für unser Militär und unsere nationale Sicherheit».
Trump hatte seine Ablehnung des 4500 Seiten umfassenden Gesetzespakets bereits zuvor angekündigt. Es war in seiner knapp vierjährigen Amtszeit das achte Veto. Am Dienstag hatte Trump dann überraschend angedeutet, dass er womöglich auch ein von beiden Parteien unterstütztes Corona-Konjunkturpaket blockieren will.
Der Verteidigungshaushalt wiederum wurde 59 Jahre in Folge mit parteiübergreifender Unterstützung verabschiedet. Weil ein Nichtzustandekommen des Militärbudgets als politisch undenkbar gilt, geht es in dem Gesetzespaket wie üblich auch um zahlreiche Regelungen, die eigentlich gar nicht direkt mit der Finanzierung der Streitkräfte zu tun haben, aber damit durchgesetzt werden können.
«Section 230»
Trump hatte sich zum Beispiel gewünscht, dass der Kongress mit dem Gesetz auch die als «Section 230» bekannte Regelung ändert, die Online-Plattformen davor schützt, für von ihren Nutzern veröffentlichte Inhalte haftbar zu sein. Trump nennt die Regelung «eine ernsthafte Bedrohung der nationalen Sicherheit». Kritiker werfen Trump vor, er wolle sich damit an Twitter und Facebook rächen, weil diese seine Behauptungen zum angeblichen Betrug bei der Präsidentenwahl immer wieder mit Warnhinweisen versehen hatten.
Das Gesetzespaket sieht unter anderem vor, dass der von Trump geplante massive Abzug amerikanischer Soldaten aus Deutschland vorerst blockiert wird. Dort heisst es, der US-Verteidigungsminister müsse in einem Bericht an den Kongress darlegen, ob ein solcher Abzug im nationalen Interesse der USA läge. Frühestens 120 Tage danach dürfe die Zahl der in der Bundesrepublik stationierten US-Soldaten die Grenze von 34 500 unterschreiten. Das Gesetzespaket sieht ausserdem vor, dass angedrohte Sanktionen gegen die deutsch-russische Ostsee-Pipeline Nord Stream 2 ausgeweitet werden sollen.
Der Republikaner Trump hat die Präsidentenwahl am 3. November gegen den Demokraten Joe Biden verloren. Trump weigert sich aber, seine Niederlage einzugestehen. Biden soll am 20. Januar vereidigt werden. Bis dahin ist Trump weiter mit allen Rechten als Präsident im Amt. (awp/mc/pg)