Strassburg – Die wegen Korruptionsvorwürfen festgenommene Vizepräsidentin des Europaparlaments Eva Kaili gerät weiter unter Druck. In ihrer Heimat Griechenland liess die Anti-Geldwäsche-Behörde am Montag alle Vermögenswerte der 44-Jährigen einfrieren. Zugleich wurden in Strassburg die Gespräche über ihre Absetzung als Vizepräsidentin vorangetrieben. Kaili steht unter Verdacht, dass sie Geld kassiert hat, damit sie für das WM-Gastgeberland Katar Einfluss auf politische Entscheidungen nimmt. Von ihren Pflichten als Vize hatte sie Parlamentspräsidentin Roberta Metsola bereits entbunden.
Die Fraktionsführung der Sozialdemokraten, denen Kaili bislang im Parlament angehörte, hatte bereits angekündigt, dass die ehemalige Fernsehmoderatorin als Vizepräsidentin ersetzt werden müsse. Über einen solchen Antrag muss zunächst die sogenannte Konferenz der Präsidenten entscheiden, in der neben Metsola die Vorsitzenden der Fraktionen sitzen. Anschliessend muss das Plenum des Parlaments mit Zweidrittel-Mehrheit zustimmen.
Sechs Festnahmen
Kaili ist eine von sechs Verdächtigen, die in dem Korruptionsskandal seit Freitag von den belgischen Behörden festgenommen wurden. Vier davon kamen am Sonntag in Untersuchungshaft – darunter Informationen der Deutschen Presse-Agentur und anderer Medien zufolge auch Kaili selbst sowie ihr Freund.
Wie griechische Medien am Montag übereinstimmend berichteten, veranlasste der Chef der nationalen Anti-Geldwäsche-Behörde, Charalambos Vourliotis, das Einfrieren von Kailis Vermögenswerten wegen der Ermittlungen. Gleiches gilt demnach für ihre Eltern, ihre Schwester sowie ihren Lebenspartner, der ebenfalls festgenommen wurde. Untersucht würden Konten, Immobilienbesitz, Unternehmensbeteiligungen und ähnliche Vermögenswerte.
Einflussnahme des Emirats Katar?
Die Staatsanwaltschaft wirft Kaili und den anderen Verdächtigen vor, Entscheidungen im Europaparlament im Sinne des Golfemirats Katar beeinflusst zu haben. Dafür sollen sie Gegenleistungen wie hohe Geldsummen oder Sachgeschenke kassiert haben. Derzeit wird etwa auf EU-Ebene in Erwägung gezogen, die Visa-Regeln für Staatsbürger von Katar zu erleichtern.
Im EU-Parlament ist der Grünen-Abgeordnete Erik Marquardt für das Thema zuständig. Er schilderte der dpa am Montag, dass Kaili in der Sache zuletzt den Kontakt zu ihm gesucht habe. Ihr sei wichtig gewesen, dass die Entscheidung zügig getroffen werde und nicht so viele Bedingungen an Katar gestellt würden. Kaili selbst ist kein Mitglied im zuständigen Innenausschuss – stimmte am 1. Dezember aber dennoch zu dem Thema ab. Nach Aussagen von Fraktionskollegen war dies nicht mit der Fraktion abgestimmt. Weil Kaili stellvertretendes Mitglied der Parlamentsdelegation für die Arabische Halbinsel ist, habe er sich über ihr Interesse jedoch nicht gewundert, sagte Marquardt. (awp/mc/pg)