Brüssel – Die wegen Korruptionsvorwürfen festgenommene EU-Abgeordnete Eva Kaili ist als Vizeparlamentspräsidentin des Europäischen Parlaments suspendiert worden. Parlamentspräsidentin Roberta Metsola entzog der 44-Jährigen «mit sofortiger Wirkung alle Befugnisse, Pflichten und Aufgaben» als ihre Stellvertreterin, wie eine Sprecherin Metsolas am Samstagabend mitteilte. wegen Korruptionsverdachts im Kontext der WM in Katar festgenommen worden.
Die Korruptionsvorwürfe im Zusammenhang mit dem WM-Gastgeberland haben das EU-Parlament erschüttert – und Rufe nach politischen Konsequenzen laut werden lassen. Die belgische Polizei nahm wegen des Verdachts der «bandenmässigen Korruption und Geldwäsche» Kaili und vier weitere Politiker fest. Der Skandal dreht sich um den Verdacht, dass Katar mit beträchtlichen Geldsummen und Geschenken versuchte, die Entscheidungen des Europa-Parlaments zu beeinflussen.
«In flagranti» erwischt
Die Griechin Kaili wurde in ihrer Wohnung festgenommen. Laut einem Bericht der Zeitung »L’Echo« wurden sie und ihr Vater «in flagranti» erwischt. Der Vater sei mit einem «Koffer voller Geldscheine» ertappt worden, als er versucht habe, zu fliehen. Bei einer Durchsuchung des Privathauses der Politikerin seien dann mehrere weitere, mit Geldscheinen gefüllte Taschen gefunden worden.
Auch vier Italiener wurden festgenommen, darunter Kailis Lebensgefährte Francesco Giorgi, der parlamentarischer Mitarbeiter der sozialdemokratischen Fraktion im Europa-Parlament ist. Festgenommen wurden zudem der ehemalige sozialdemokratische Europaabgeordnete und heutige Chef der Nichtregierungsorganisation Fight Impunity, Pier Antonio Panzeri, sowie der Generalsekretär des Internationalen Gewerkschaftsbundes, Luca Visentini. Aus Kreisen der italienischen Regierung wurden der Nachrichtenagentur AFP in Rom zudem zwei weitere Festnahmen bestätigt: Betroffen sind die Ehefrau und die Tochter Panzeris.
600’000 Euro beschlagnahmt
Bei den Razzien beschlagnahmte die Polizei laut belgischer Bundesstaatsanwaltschaft Bargeld in Höhe von rund 600’000 Euro sowie Datenträger und Mobiltelefone, die nun ausgewertet würden.
Die ehemalige Fernsehmoderatorin Kaili hatte am 22. November im EU-Parlament gesagt, die Fussballweltmeisterschaft in Katar sei «ein konkreter Beweis dafür, wie Sportdiplomatie zu einer historischen Transformation eines Landes führen kann, dessen Reformen die arabische Welt inspiriert haben». Katar sei «führend bei den Arbeitsrechten». Kurz vor der Rede hatte sich Kaili in Katar mit dem katarischen Arbeitsminister Ali bin Samikh Al Marri getroffen. (mc/pg)