Überraschender Abgang: Axel Heitmann.
Köln – Der Spezialchemiekonzern Lanxess reisst nach Gewinneinbrüchen das Steuer herum: Der langjährige Konzernlenker Axel Heitmann verlässt völlig überraschend den Konzern, den er selbst in fast zehn Jahren bis in den Dax gebracht hat. Die Börse reagierte mit einem Kursfeuerwerk: Die Lanxess-Aktie stieg um mehr als acht Prozent.
Künftiger Chef ist der frühere Lanxess-Finanzvorstand Matthias Zachert, der spätestens Mitte Mai vom Darmstädter Chemie- und Pharmaunternehmen Merck zurück nach Köln kommen soll. Er geniesst in Finanzkreisen einen hervorragenden Ruf. Analysten erhoffen sich vom Nachfolger eine neue Strategie und Auftrieb für das zuletzt lahmende Lanxess-Geschäft. Sein Fortgang bei Merck sorgt bei den Darmstädtern am Montag für einen Kurseinbruch von zeitweise mehr als zehn Prozent.
Lanxess nicht breit genug aufgestellt
Heitmann stand fast zehn Jahre an der Unternehmensspitze. Ihm wird trotz aller Erfolge vorgehalten, Lanxess nicht breit genug aufgestellt und zuletzt zu einseitig auf das Auto- und Reifengeschäft ausgerichtet zu haben, hiess es in Industriekreisen. So litten die Kölner unter dem schwachen Autoabsatz in Europa. Lanxess ist nach eigenen Angaben der weltgrösste Hersteller von synthetischem Kautschuk, einem wichtigen Rohstoff für Reifen.
Für die rund 17 000 Beschäftigten des Spezialchemiekonzerns war die Personalie am späten Sonntagabend eine dicke Überraschung. Heitmann werde Lanxess Ende Februar verlassen, hatte der Aufsichtsrat in Köln mitgeteilt. Man habe sich einvernehmlich darauf verständig, hiess es.
Uneinigkeit über Ausrichtung des Konzerns
Zwischen Chef und Aufsichtsrat soll es mächtig geknirscht haben: Wie die Finanz-Nachrichtenagentur dpa-AFX aus Industriekreisen erfuhr, waren sich Heitmann und die Aufseher uneinig über die Ausrichtung des Konzerns. Die Abhängigkeit vom Auto- und Reifengeschäft war dem Aufsichtsrat zu gross. Für einen Abgang im Eiltempo spricht laut Beobachtern, dass Heitmann nicht einmal mehr die Bilanz für 2013 im März vorlegen darf. Bis zum Amtsantritt von Zachert soll der jetzige Lanxess-Finanzvorstand Bernhard Düttmann die Führung und damit wohl auch die Bilanzkonferenz 2013 kommissarisch übernehmen.
Der künftige Mann an der Spitze des Kölner Unternehmens, Zachert, ist derzeit Finanzvorstand bei Merck. Auch wenn die Analysten Lanxess mit einem schwierigen Umfeld konfrontiert sehen, erwarten sie von ihm nun weitgehende Verbesserungen – immerhin habe er auch Merck erfolgreich mit umgebaut. Sie hoffen, dass er vom Aufsichtsrat dafür weitgehend freie Hand bekommt. Da die Aktie im vergangenen Jahr weit hinter dem Dax blieb, rechnen sie auch hier mit neuem Schwung durch die Personalie.
«Starke Personalie»
Auch die Analysten der Deutschen Bank begrüssten den Wechsel. «Das ist eine starke Personalie», hiess es in einer Studie der Bank. Zachert habe einen guten Ruf als Sanierer und kenne Lanxess, was für einen reibungslosen Übergang spreche.
Der Konzern Lanxess mit etwa 8000 Mitarbeitern in Deutschland und einem Konzernumsatz von 8,8 Milliarden Euro durchlief in den vergangenen Jahren ein hartes Sanierungsprogramm. Lanxess war aus der Chemiesparte des Leverkusener Pharmariesen Bayer hervorgegangen und vor rund zehn Jahren an die Börse gebracht worden. 2012 gelang der Aufstieg in den Deutschen Aktienindex Dax.
Sparprogramm
Der schwache Automarkt in Europa und stark gefallene Kautschukpreise hatten Lanxess 2013 getroffen. Der Konzern hat schon Anlagen gedrosselt und ein Sparprogramm im September aufgelegt, mit dem 100 Millionen Euro bis Ende 2015 eingespart werden sollen. Weltweit sollen insgesamt rund 1000 Stellen wegfallen.
Das operative Ergebnis vor Zinsen, Steuern, Abschreibungen (Ebitda) sowie vor Sondereffekten war im dritten Quartal im Jahresvergleich um 26,4 Prozent auf 187 Millionen Euro abgesackt, wie das Unternehmen im November mitgeteilt hatte. Der Umsatz ging trotz höherer Absatzmengen um fünf Prozent auf 2,05 Milliarden Euro zurück. Der Gewinn stürzte wegen höherer Abschreibungen und Kosten für das Sparprogramm des Unternehmens um fast 90 Prozent auf 11 Millionen Euro ab. (awp/mc/upd/ps)