Grossbritanniens Verteidigungsminister Philip Hammond.
London – Die Rüstungskonzerne EADS und BAE müssen sich bei ihrer geplanten Fusion weiter gegen Sperrfeuer von allen Seiten wehren. Am Sonntag forderte der britische Verteidigungsminister Philip Hammond eine Reduzierung der deutschen und französischen Staatsbeteiligung bei EADS. Sollte diese nicht soweit sinken, dass beide Länder keinen entscheidenden Einfluss mehr auf ein Gemeinschaftsunternehmen ausüben könnten, werde die Regierung in London von ihrem Vetorecht gegen die geplante Fusion Gebrauch machen, kündigte Hammond in der BBC an. Der britische Staat verfügt über eine sogenannte «Goldene Aktie» bei BAE und kann damit ein Veto ausüben.
Der deutsche und französische Staatsanteil müsse nicht auf Null reduziert werden. Aber er müsse abgesenkt werden, so dass die beiden Regierungen über ein neues Gemeinschaftsunternehmen nicht bestimmen oder es steuern könnten, forderte Hammond. Gegenwärtig werden die staatlichen Interessen an EADS über Industriekonsortien wahrgenommen. Die deutschen Anteile sind beim Autobauer Daimler gebündelt.
Zwischenergebnis am 10. Oktober
Bereits am Freitag waren die Verhandlungen um die Fusion der Konzerne festgefahren. Einem Bericht von «Spiegel Online» zufolge waren Gespräche zwischen der deutschen, französischen und britischen Regierung ohne Ergebnis zu Ende gegangen. EADS und BAE dementierten aber umgehend das Ende ihrer umstrittenen Pläne, es werde weiter auf den Termin am 10. Oktober hingearbeitet, bis zu dem nach britischen Recht ein Zwischenergebnis vorliegen muss.
Die Forderung Londons nach einer Reduzierung des Staatsanteils passt nicht zu den Bedingungen, die Frankreichs Präsident François Hollande am Freitagabend formuliert hatte. Als wichtige Punkte für Frankreich hatte Hollande den Kapitalanteil, Standorte und die Sicherung der Rüstungsindustrie genannt.
Appel von Konzernchefs
Laut «Spiegel Online» hatte London bereits am Freitag in jedem Fall verhindern wollen, dass einer der drei Staaten mehr als zehn Prozent am künftigen Unternehmen hält. Die französische Seite habe aber darauf beharrt, mehr als zehn Prozent zu behalten und auch weitere Anteile an dem neuen Konzern dazukaufen zu können. Deutschland will nach Informationen der französischen Agentur AFP einen Anteil entsprechend dem französischen.
Die beiden Konzernchefs Enders und Ian King hatten jüngst an die Regierungen appelliert, die Chancen der Fusion nicht zu verspielen. «Wenn sich die Gelegenheit ergibt, etwas noch Grösseres und Besseres zu schaffen, dann müssen wir zugreifen», mahnten beide in einem Zeitungsbeitrag. Bisher verfügen Frankreich und Deutschland direkt und indirekt über jeweils gut 22 Prozent der EADS-Anteile, die deutschen Interessen nimmt dabei der Autokonzern Daimler wahr. Das Konstrukt EADS ist auch deswegen hochpolitisch und wird stark von Interessen der deutschen und französischen Seite beeinflusst.
Kritik von IG Metall
Auch von den Gewerkschaften kommt Kritik: Die IG Metall hält die bisherigen Zusagen von EADS zur Standort- und Beschäftigungssicherung bei einer Fusion mit dem britischen Rüstungs- und Luftfahrtkonzern BAE für unzureichend. «Wir sind enttäuscht, dass den vollmundigen Versprechungen der EADS-Geschäftsleitung keine Taten gefolgt sind», sagte der für Wehrtechnik zuständige IG-Metall-Vorstand Jürgen Kerner dem «Spiegel» ohne Einzelheiten zu nennen. Nach Angaben des Magazins verhandelten Konzern und Gewerkschaften in der vergangenen Woche miteinander. EADS hat in Deutschland 29 Standorte mit rund 50.000 Beschäftigten. (awp/mc/ps)