Eigentlicher Star in Le Bourget: Schweizer Ökoflieger «Solar Impulse», hier beim Landeanflug auf Paris.
Paris – 2100 Aussteller, mehr als 150 Fluggeräte, hunderttausende Besucher: Die alle zwei Jahre stattfindende Luftfahrtmesse in Le Bourget gilt weltweit als wichtigstes Stelldichein der Branche. Diesmal geht es neben dem ewigen Airbus-Boeing-Duell auch um Zukunftsperspektiven.
Zwar verhagelte der Weltluftfahrtverband IATA gerade die Stimmung mit einer für 2011 von 8,6 auf 4 Milliarden Dollar reduzierten Gewinnprognose der Airlines. Die hohen Ölpreise, Japans Naturkatastrophen und die Unruhen in der arabischen Welt macht der Dachverband von 230 Fluggesellschaften verantwortlich. Vor dem bedeutendsten Branchentreff – dem Luft- und Raumfahrt-Salon in Le Bourget (20. bis 26. Juni) – macht sich dennoch Optimismus breit.
Deutlich mehr Aussteller
Nicht nur die gestiegene Ausstellerzahl (2113 statt 1982 wie noch beim letzten Aero-Salon) trägt dazu bei. Vor allem sind es die deutlichen Zuwächse bei Fracht und Passage, die die Hersteller positiv stimmen. In erster Linie aber profitiert die Branche davon, dass moderne, verbrauchsärmere Maschinen gefragt sind. Airbus etwa verzeichnet eine so starke Nachfrage nach seinen neuen A320-Modellen, dass das Unternehmen vorerst den Umbau gebrauchter Jets in Frachtversionen stoppen musste. Die Organisatoren erwarten daher diesmal wieder ein Auftragsfeuerwerk, wie es traditionell den Auftakt in Le Bourget prägte.
Nachfrage zeigt langsam wieder nach oben
Langfristig zeigt die Nachfrage wieder nach oben, meinen die dominierenden Flugzeugbauer der Welt, Airbus und Boeing. Der US-Hersteller Boeing schätzt den Bedarf in den kommenden 20 Jahren auf 33 500 Maschinen. Noch vor der Messe will der Chef der Boeing-Verkehrsflugzeugsparte, Jim Albaugh, am Sonntag die jüngsten Prognosen präsentieren. In der Branche wird bereits befürchtet, dass die beiden Platzhirsche die explodierende Nachfrage nach neuen Flugzeugen für die Boomstaaten in Asien und Nahost auf Dauer gar nicht alleine bewältigen können. So hat die indische Fluggesellschaft IndiGo Anfang des Jahres bei Airbus gleich 180 Mittelstreckenflieger bestellt – dem Vernehmen nach bereitet Malaysias Fluggesellschaft Air Asia einen ähnlichen Mega-Auftrag vor.
Russlands Regierungschef Putin zu Gast
Nicht zuletzt wegen der steigenden Wachstumkurve in der Branche wird die über 100 Jahre alte Luftfahrtmesse erneut Pegel fürs wachsende Selbstbewusstsein der neuen Wettbewerber aus China, Russland, Kanada, Brasilien und Südkorea sein. Sie bedrohen die jahrelange Alleinherrschaft der Flugzeugriesen aus den USA und Europa. Russland etwa stellt mit dem Suchoj SuperJet-100 ein neuentwickeltes Passagierflugzeug vor, das auf dem Weltmarkt Embraer (Brasilien) und Bombardier (Kanada) Konkurrenz machen soll. Der weitgehend vom Staat kontrollierte russische Hersteller OAK mit seinen vier Milliarden Euro Umsatz im vergangenen Jahr ist offen auf der Suche nach Industriepartnern, betonte OAK-Chef Michail Pogossian. Rund 150 Bestellungen lägen für den zweistrahligen Jet vor – weitere würden in Le Bourget erwartet, sagte Pogossian der Zeitung «Le Figaro». Am 21. Juni wird der russische Regierungschef Wladimir Putin auf der Messe erwartet.
Boeing unter Zugzwang
Die neue Konkurrenz macht vor allem den betagten bisherigen Erfolgsmodellen wie dem Airbus A320 oder der Boeing 737 zu schaffen. Beide Hersteller setzen daher erfolgreich auf modernisierte und vor allem verbrauchsärmere Versionen. Seit Airbus vergangenen Herbst die spritsparende Neuauflage des Mittelstreckenfliegers A320 vorgestellt hat, gingen bereits mehr als 330 Aufträge und Vorverträge für den neuen Flieger ein. Boeing steht unter Zugzwang: Rüstet der US-Hersteller seinen Kassenschlager 737 für viel Geld um, oder geht er gleich eine komplette Neuentwicklung an? Die Boeing-Spitze hatte eine Entscheidung für diesen Sommer in Aussicht gestellt. Mit Spannung wird erwartet, ob es dazu in Paris entscheidende Neuigkeiten gibt.
Star in Le Boruget kommt aus der Schweiz
Boeing will in Le Bourget seine zwei jüngsten 747-8 Flugzeugmodelle – die Passagierversion Intercontinental und den Frachter – präsentieren und über den Entwicklungsstand seines Hightech-Fliegers 787 Dreamliner informieren – ähnlich wie Airbus über seinen A350 XWB. Grosses Interesse dürfte es auch für den verspätet auf den Markt kommenden europäischen Militärtransporter A400M geben. Der eigentliche Star in Le Bourget kommt aus der Schweiz: die solargetriebene «Solar Impulse». Das vom Schweizer Flugpionier Bertrand Piccard entwickelte Öko-Fluggerät hat eine Spannweite von 64 Metern, aber nur 1,6 Tonnen Gewicht. Die Flügel sind mit rund 12 000 Solarzellen bestückt.
Ein viel disktutiertes Thema am Rande der vergangenen Messe vor zwei Jahren war der Absturz eines Airbus von Air France-KLM über dem Atlantik. Auch diesmal dürfte er die Debatten der Experten beleben. (awp/mc/ps)