Lufthansa-Aktionäre stimmen für Staatseinstieg – Swiss begrüsst Entscheid

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A350 der Lufthansa. (Foto: Lufthansa)

Frankfurt am Main – Die Lufthansa kann mit deutscher Staatshilfe weiterfliegen. Die Aktionäre des Flugkonzerns stimmten einer 20-prozentigen Kapitalbeteiligung der Bundesrepublik zu. Das damit verbundene Hilfspaket über neun Milliarden Euro kann nun umgesetzt werden. Das sorgt auch bei der Lufthansa-Tochter Swiss für Erleichterung.

Im Ringen um das staatliche Rettungspaket hatte die Lufthansa-Spitze an der ausserordentlichen Hauptversammlung am Donnerstag den Druck auf die Aktionäre noch einmal erhöht. «Wir haben kein Geld mehr», sagte Aufsichtsratschef Karl-Ludwig Kley. Ohne das Unterstützungspaket von neun Milliarden Euro hätte die Airline Kley zufolge «in den nächsten Tagen» die Insolvenz anmelden müssen. Nach der Annahme des Rettungsplans sagte Kley: «Wir schaffen das!»

Bei der ausschliesslich im Internet übertragenen ausserordentlichen Hauptversammlung verzichtete Grossaktionär Heinz Hermann Thiele darauf, das Rettungspaket zu blockieren. Wegen der schwachen Beteiligung der übrigen Stimmrechtsinhaber mit einer Präsenz von 39,3 Prozent hätte er mit seinem Aktienanteil von mindestens 15,5 Prozent Gelegenheit zu einer Blockade gehabt. Im Vorfeld hatte sich der Selfmade-Milliardär sehr kritisch über den seiner Meinung nach zu starken Staatseinfluss geäussert.

Auch EU-Kommission stimmt zu
Am Morgen hatte bereits die EU-Kommission dem Rettungsplan zugestimmt. Als Bedingung setzten die Wettbewerbshüter durch, dass Lufthansa in München und Frankfurt jeweils 24 Start- und Landerechte an Wettbewerber abgeben muss. Die zuständige Kommissionsvizepräsidentin Margrethe Vestager erklärte dazu: «Dadurch erhalten konkurrierende Luftverkehrsunternehmen die Möglichkeit, in diese Märkte einzutreten, wodurch faire Preise und eine grössere Auswahl für die europäischen Verbraucher gewährleistet werden.» Konkurrent Ryanair kündigte dennoch eine Klage gegen die Beihilfe an.

Der Lufthansa-Vorstand verteidigte vor der Abstimmung das mit der deutschen Regierung verhandelte Paket aus Beteiligung, stillen Einlagen und Kredit als alternativlos. Mehr sei nicht durchsetzbar gewesen. Das Konzept bedeute für Lufthansa in den kommenden Jahren erhebliche finanzielle und strukturelle Belastungen, sagte Aufsichtsratschef Kley. «Für den Staat ist es ein durchaus lukratives Geschäft.»

Dennoch gebe die Vereinbarung dem Unternehmen Raum und Zeit, um die Krise zu überwinden, fuhr Kley fort. Davon profitierten letztlich auch die Aktionäre. Lufthansa-Chef Carsten Spohr zeigte sich zuversichtlich, die Einlagen und Kredite fristgerecht bedienen zu können. Man sei auch nicht verpflichtet, Kredit und Einlagen in voller Höhe abzurufen.

Swiss begrüsst Entscheid
Bei den Schweizer Lufthansa-Töchtern Swiss und Edelweiss kommt der an der Hauptversammlung gefällte Entscheid gut an. Swiss und Edelweiss begrüssten den Aktionärsentscheid zu den notwendigen Kapitalmassnahmen, heisst es in einer kurzen Stellungnahme dazu. Damit sei die Liquidität gesichert.

«Der heutige Entscheid der Aktionäre gibt uns Planungssicherheit, um die Wiederaufnahme des Flugbetriebs weiter voranzutreiben und die Anbindung der Schweiz an die Welt sicherzustellen», wird Swiss-Chef Thomas Klühr zitiert. Nun werde man mit der Lufthansa sowie den jeweiligen Behörden die nächsten Schritte planen. Danach würden die ersten Kredite an die Swiss ausbezahlt.

Der Bund hatte Anfang Mai für die Swiss und ihre Schwester Edelweiss Nothilfe in Höhe von 1,275 Milliarden Franken in Aussicht gestellt. Dieses Geld liegt bereit, war aber bisher wegen der Verzögerungen in Deutschland noch nicht geflossen. Eine Insolvenz der Lufthansa hätte auch die Swiss in die Tiefe reissen können.

Insolvenz abgewendet
Lufthansa hatte für den Fall eines Scheiterns angekündigt, schnell ein so genanntes Schutzschirmverfahren zu beantragen. Diese mildeste Form einer Insolvenz nach deutschem Recht wird bereits beim Ferienflieger Condor angewendet und gibt dem Management weitgehend freie Hand, bestehende Verträge auch mit dem eigenen Personal zu kündigen. Das ist nun nicht mehr nötig. Den rechnerischen Überhang in der Corona-Krise hatte der Konzern mit weltweit 138’000 Beschäftigten auf 22’000 Vollzeitstellen beziffert, davon die Hälfte in Deutschland.

Mit den Gewerkschaften ist das Unternehmen in weit fortgeschrittenen Verhandlungen zu umfangreichen Kostensenkungen. Als erste hat die streitbare Kabinengewerkschaft Ufo einem Krisenpaket zugestimmt, das Lufthansa auch ohne Kündigungen bis Ende 2023 mehr als eine halbe Milliarde Euro einsparen hilft. Neben verkürzten Arbeitszeiten, dem Verzicht auf bereits vereinbarte Lohnsteigerungen und Betriebsrentenzahlungen gibt es eine Vielzahl freiwilliger Massnahmen, um Lohnkosten zu senken.

Kurz vor der Zahlungsunfähigkeit
Nach den drei bislang erfolgreichsten Geschäftsjahren war Lufthansa im März wegen der Corona-Pandemie geschäftlich abgestürzt. Die Barreserven der grössten deutschen Airline verringerten sich zuletzt monatlich um 800 Millionen Euro, so dass die Zahlungsunfähigkeit drohte. Im ersten Quartal brockte die Corona-Krise dem Unternehmen bereits einen Verlust von 2,1 Milliarden Euro ein. Nach eigenen Angaben hat Lufthansa bereits eine Milliarde Euro an Kunden für abgesagte Flüge zurückgezahlt. Eine weitere Milliarde stehe noch aus.

Lufthansa-Chef Spohr erwartet, dass sich die Nachfrage im Luftverkehr nur langsam erholt und über Jahre unter dem Vor-Corona-Niveau bleibt. Folge ist eine deutliche Schrumpfung der Flotte. Beim Gewinn traut sich der Konzern nach Worten des Personalvorstands Michael Niggemann allerdings bereits für 2022 zu, das Vorkrisenniveau zu erreichen.

Das Rettungspaket sieht vor, dass der staatliche Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) im Zuge einer Kapitalerhöhung für rund 300 Millionen Euro Aktien zeichnet, um eine Beteiligung von 20 Prozent am Grundkapital der Airline aufzubauen. Er zahlt dafür nur den Nennwert von 2,56 Euro, rund ein Viertel des aktuellen Aktienkurses. Für den Fall einer feindlichen Übernahme könnte der Staat weitere Anteile aktivieren, um eine Sperrminorität zu erreichen. Zudem sind stille Einlagen von 5,7 Milliarden sowie ein KfW-Kredit von 3 Milliarden Euro geplant. (awp/mc/pg)

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