Flugchaos und Kerosinpreis: Lufthansa tritt bei Wachstum auf die Bremse
Frankfurt – Die Lufthansa tritt angesichts des Flugchaos vom Sommer und explodierender Treibstoffpreise auf die Wachstumsbremse. Im Sommer 2019 will sie ihr Flugangebot nur noch halb so stark ausweiten wie im laufenden Jahr. Dann dürfte auch der stark gestiegene Kerosinpreis auf den Gewinn durchschlagen. Im laufenden Jahr schlägt sich die Lufthansa trotz der holprigen Integration eines Grossteils der Air-Berlin-Flotte wacker. Vorstandschef Carsten Spohr erwartet weiterhin den zweithöchsten Gewinn der Konzerngeschichte.
Am Finanzmarkt kamen die Neuigkeiten schlecht an. Kurz nach Handelsstart verlor die Lufthansa-Aktie am Dienstagmorgen in einem starken Markt fünf Prozent auf unter 18 Euro und setzte damit ihren seit Monaten anhaltenden Sinkflug fort. Seit Jahresbeginn haben die Papiere damit mehr als 40 Prozent an Wert verloren, nachdem sie Anfang 2018 im Nachklang der Air-Berlin-Pleite ein Rekordhoch erlebt hatten.
Analyst Daniel Roeska vom US-Analysehaus Bernstein Research zeigte sich trotz etwas enttäuschender Quartalszahlen von der bestätigten Gewinnprognose des Vorstands beruhigt. Längerfristig seien die Aussichten für die Lufthansa weiterhin positiv.
Flughäfen kommen an Kapazitätsgrenzen
Als Grund für die gekappten Wachstumspläne nannte die Lufthansa am Dienstag in Frankfurt neben steigenden Treibstoffkosten die Tatsache, dass die Infrastruktur an einigen Flughäfen zuletzt an ihre Kapazitätsgrenzen kam. Im nächsten Sommer will die Lufthansa-Führung ihr Flugangebot jetzt um 3,8 Prozent ausweiten. Für 2018 hat sie weiterhin ein Plus von rund 8 Prozent auf dem Zettel.
Dieser starke Anstieg ist vor allem der Übernahme grosser Teile von Air Berlin geschuldet. Allein die Lufthansa-Tochter Eurowings hat mit 77 Maschinen mehr als die Hälfte der früheren Air-Berlin-Flotte übernommen, was nicht gerade reibungslos verlief. Ursprünglich hatte der Lufthansa-Vorstand das Angebot sogar um zwölf Prozent ausweiten wollen, scheiterte aber an der schwierigen Air-Berlin-Integration und Lieferproblemen des Flugzeugbauers Airbus.
Jetzt droht der Lufthansa wie anderen Fluggesellschaften ein deutlicher Anstieg der Kerosinrechnung. In diesem Jahr dürfte die nach Konzernangaben auch wegen des ausgeweiteten Flugangebots um 850 Millionen Euro steigen und 6,0 bis 6,1 Milliarden Euro erreichen. Für 2019 rechnet der Konzern allein wegen des höheren Ölpreises mit einem Anstieg um 900 Millionen Euro.
Kein Ausblick für 2019
Eine Gewinnprognose für 2019 gab der Vorstand noch nicht ab. Für 2018 erwartet Lufthansa-Chef Spohr weiterhin, dass der operative Gewinn (bereinigtes Ebit) den Rekordwert von fast 3 Milliarden Euro aus dem Vorjahr nur leicht verfehlt. Analysten gingen im Schnitt zuletzt von 2,86 Milliarden Euro aus. Auch unter dem Strich dürfte der Gewinn nach Unternehmensangaben der zweithöchste der Konzerngeschichte sein.
Dabei lief der Sommer für die Lufthansa gar nicht so gut. Die zahlreichen Flugausfälle und -verspätungen schlugen beim Konzern und seiner Billigtochter Eurowings teuer zu Buche. Zudem gingen die durchschnittlichen Ticketerlöse im dritten Quartal zurück. Je angebotenem Sitzplatzkilometer nahm die Lufthansa 1,3 Prozent weniger ein als ein Jahr zuvor. Damals hatte sie allerdings stark von der strauchelnden Air Berlin profitiert. Die Unsicherheit nach der Insolvenz der Fluglinie hatte der Lufthansa eine immense Ticketnachfrage beschert.
Gewinn sinkt
Im dritten Quartal steigerte die Lufthansa ihren Umsatz nun im Vergleich zum Vorjahreszeitraum aufgrund veränderter Rechnungslegung nur um 1,5 Prozent auf 9,96 Milliarden Euro. Der operative Gewinn ging auch wegen Sonderkosten für die Integration der Air-Berlin-Teile und der vielen Verspätungen und Flugausfälle im Sommer um elf Prozent auf 1,35 Milliarden Euro zurück. Der Überschuss sank um zehn Prozent auf 1,07 Milliarden Euro. Analysten hatten mit etwas höheren Ergebnissen gerechnet.
Dabei ging der operative Gewinn im gesamten Passagiergeschäft zurück. Die konzerneigenen Netzwerk-Airlines Lufthansa, Swiss und Austrian Airlines büssten im Jahresvergleich 15 Prozent beim bereinigten Ebit ein, bei Eurowings ging es sogar um 40 Prozent abwärts. Der Billigflieger musste reihenweise Ersatzflugzeuge chartern, Passagiere versorgen und Fluggast-Entschädigungen bezahlen. Die Frachttochter Lufthansa Cargo konnte ihren operativen Quartalsgewinn hingegen um 40 Prozent steigern, bei den Bordverpflegern der LSG Sky Chefs ging es um elf Prozent aufwärts. Lufthansa Technik musste wegen höherer Ersatzteilkosten einen Rückgang um sechs Prozent hinnehmen.
«Ohne den Ergebnisrückgang bei Eurowings wäre uns sogar ein neuer Rekord gelungen», sagte Spohr mit Blick auf die ersten neun Monate. In dieser Zeit erzielte der Konzern mit einem bereinigten Ebit von 2,4 Milliarden Euro den Löwenanteil des angepeilten Jahresgewinns. Das vierte Quartal fällt bei Fluggesellschaften aber gewöhnlich eher schwach aus. Den Löwenanteil ihrer Gewinne fliegen sie in der Hauptreisezeit im Sommer ein. (awp/mc/ps)