Frankfurt – Passagiere der Lufthansa müssen sich wieder auf Flugausfälle und Verspätungen einstellen. Die Gewerkschaft Vereinigung Cockpit (VC) hat zu einem erneuten Pilotenstreik bei der Lufthansa aufgerufen. Der genaue Zeitpunkt des 14. Ausstandes im laufenden Tarifkonflikt wie auch der Umfang soll mit einem Vorlauf von 24 Stunden bekanntgegeben werden, wie die Gewerkschaft am Montag in Frankfurt mitteilte. Der Streik sei ab sofort möglich. Ausgenommen seien nur die Weihnachtsfeiertage vom 24. bis zum 26. Dezember, ergänzte VC-Präsident Ilja Schulz auf Nachfrage.
Die Lufthansa-Aktie ging es angesichts der gescheiterten Gespräche mit der Gewerkschaft am Montag auf Achterbahnfahrt. Nach der Streikankündigung am Nachmittag lag sie allerdings mit 0,90 Prozent im Plus bei 12,870 Euro und gehörte damit zu den stärkeren Werten im Dax .
Lufthansa fordert weitere Gespräche
Lufthansa-Personalchefin Bettina Volkens nannte die Streikandrohung «absolut unverständlich». Sie forderte die Gewerkschaft zu weiteren Gesprächen auf.
Anlass für die Streikankündigung sind gescheiterte Verhandlungen zu den Gehältern der rund 5400 Kapitäne und Co-Piloten bei der Lufthansa-Kerngesellschaft, der Lufthansa Cargo und der Germanwings. Eine in letzter Sekunde von der Lufthansa angebotene Schlichtung lehnte die VC ab. Seit April 2014 hat die Gewerkschaft bereits 13 Streiks bei der Lufthansa veranstaltet.
Kein Pilotenstreik bei Germanwings
Die Germanwings soll aktuell nicht bestreikt werden, weil man dort schnell in Verhandlungen zur Übergangsversorgung einsteigen wolle. Anders als bei der Lufthansa könne rund ein Drittel der Germanwings-Piloten nicht vorzeitig in den Ruhestand wechseln und habe auch keine Versicherung für den Fall des Verlustes der Fluglizenz, erläuterte der VC-Tarifexperte Ingolf Schumacher.
Es habe seit mittlerweile fünf Jahren keine Gehaltserhöhungen mehr gegeben, während das Unternehmen rund 5 Milliarden Euro Gewinn eingefahren habe, sagte Schulz. Die Gewerkschaft fordert Gehaltserhöhungen von insgesamt mehr als 20 Prozent. Das entspricht nach VC-Angaben einer jährlichen Steigerung von rund 3,66 Prozent. Lufthansa habe lediglich eine Nullrunde angeboten.
Konzern wollte Schlichtung
Die Lufthansa wollte einen erneuten Arbeitskampf der Piloten mit einer Schlichtung zur Gehaltsfrage abwenden. Man habe der Gewerkschaft am Montagmorgen schriftlich zwei konkrete Schlichter vorgeschlagen, sagte ein Unternehmenssprecher, ohne Namen zu nennen. Er verwies auf die im Sommer erfolgreich abgeschlossene Schlichtung für das Kabinenpersonal unter dem SPD-Politiker Matthias Platzeck.
Nach bislang 13 Streikwellen ist die Sachlage in dem festgefahrenen Tarifkonflikt komplizierter denn je. Mit der Altersversorgung und den Übergangsrenten sind weitere zentrale Tarifthemen ungeklärt. Auch hatte die VC vergeblich in Sondierungen versucht, die Arbeitsbedingungen für Piloten bei der Billigtochter Eurowings in ihrem Sinne zu regeln. Lufthansa lehnt es ab, die dortigen Piloten nach dem teuren Lufthansa-Regelwerk zu beschäftigen.
Gericht stoppte Streik 2015
Ein isolierter Tarifabschluss allein zu den Gehältern wurde wegen der Gemengelage schon im Vorfeld als unwahrscheinlich angesehen. Vielmehr hat die VC gezielt die Tarifverhandlungen zum Teilaspekt Gehalt forciert, um wieder streikfähig zu werden. Zuletzt hatten die Lufthansa-Piloten im September 2015 die Arbeit niedergelegt. Das hessische Landesarbeitsgericht hatte ihren Streik damals aber als unrechtmässig gestoppt, weil mit der Eurowings-Frage tariffremde Streikziele verfolgt worden seien. «Unternehmerische Entscheidungen können und wollen wir nicht beeinflussen», sagte nun das VC-Tarifkommissionsmitglied Jörg Handwerg zu Fragen nach der Konkurrenzsituation zu Billigfliegern.
Der alte Vergütungstarifvertrag für die Konzern-Piloten war im Frühjahr 2012 ausgelaufen. Die VC hatte für die zwei darauffolgenden Jahre Forderungen von 5,2 Prozent sowie 4,6 Prozent aufgestellt, die weiter bestehen, und wollte auch über die Folgejahre sprechen. Lufthansa hatte zuletzt im Rahmen einer Gesamtlösung 4,4 Prozent mehr Geld und eine Einmalzahlung von 1,8 Monatsgehältern angeboten. Das laufe angesichts der Inflation auf Reallohnverluste der Piloten hinaus, meinte Schulz.
Flugbegleiter-Streiks bei Eurowings/Germanwings
Unterdessen drohen bei der Lufthansa-Tochter Eurowings neue Streiks der Flugbegleiter. Bei Germanwings und Eurowings seien Streiks auch kurzfristig möglich, sagte der Chef der Flugbegleitergewerkschaft Ufo, Nicoley Baublies, dem «Tagesspiegel» (Dienstagausgabe). Allerdings hofft Baublies noch auf eine gütliche Lösung. In dieser Woche fänden Krisengespräche mit der Lufthansa statt.
Bei einem Streik Ende Oktober hatte Ufo mit Unterstützung der Kollegen bei der Schwestergesellschaft Germanwings, die ebenfalls zur Plattform Eurowings gehört, 393 von 551 geplanten Eurowings-Flügen ausfallen lassen. (awp/mc/upd/ps)