Frankfurt am Main – Am zweiten Tag des umfassenden Pilotenstreiks haben sich die zerstrittenen Tarifparteien bei der Lufthansa nicht angenähert. Wie schon am Tag zuvor blieb es am Donnerstag an den deutschen Flughäfen ruhig, weil die meisten Passagiere rechtzeitig von den Flugabsagen gehört hatten. Auch am Freitag werden erneut Hunderte Flüge ausfallen, bevor Lufthansa am Samstag wieder möglichst schnell den Normalbetrieb erreichen will. Die Fluggesellschaft musste nach eigenen Angaben keine weiteren Flüge streichen über die bereits abgesagten 3800 Verbindungen hinaus.
Man warte weiterhin auf ein neues Gesprächsangebot seitens der Lufthansa, erklärte der Sprecher der Pilotenvereinigung Cockpit (VC), Markus Wahl. Lufthansa erwartet hingegen nach Angaben einer Sprecherin Erläuterungen, wie die von der VC vorgeschlagene Deckelung der Kosten für die Übergangsrenten ausgestaltet werden könnte. Wahl sagte, bei den vorerst letzten Gesprächen am Sonntag habe Lufthansa den Kostendeckel noch als nicht verhandelbar zurückgewiesen.
Lufthansa hofft auf Fortschritte bis Anfang Mai
In dem Konflikt um Übergangsrenten und höhere Gehälter für rund 5400 Kapitäne und Co-Piloten von Lufthansa, Germanwings und Lufthansa Cargo soll offenbar erst nach dem Ende des Streiks weitergesprochen werden, der bis Freitag um 23.59 Uhr befristet ist. Die Piloten haben zugesagt, von weiteren Ausständen während der Osterferien abzusehen. Lufthansa-Sprecherin Barbara Schädler nannte im Interview mit hr-Info das Ferienende als konkreten Termin: «Bis zum Ende der Osterferien in Deutschland am 2. Mai ist noch Zeit da, und ich hoffe sehr, dass wir da weiter kommen.»
An den deutschen Flughäfen blieb es am Donnerstag wie am Vortag ruhig, weil die meisten Passagiere über die Ausfälle informiert waren. «Es ist spürbar ruhiger», sagte ein Sprecher des Frankfurter Betreibers Fraport . An den grossen Drehkreuzen hatte man sich auf gestrandete Fluggäste vorbereitet. In Frankfurt mussten dem Sprecher zufolge aber nur etwa zehn Menschen im Transitbereich übernachten. Sie durften diesen nicht verlassen, wenn sie kein Visum für den Schengen-Raum besitzen. Die Flughäfen München und Frankfurt beklagen Millionenverluste wegen entgangener Flugbewegungsgebühren und fehlendem Einzelhandelsumsatz in den Terminals.
Call-Center überlastet
Der scheidende Lufthansa-Vorstandsvorsitzende Christoph Franz hofft auf eine schnelle Einigung mit der Gewerkschaft. «Ich hoffe, dass wir schnell wieder zu Gesprächen zusammenkommen und dann für beide Seiten akzeptable Kompromisse finden», sagte er der «Bild-Zeitung». «Wir möchten uns im Sinne unserer Passagiere und im Sinne des Unternehmens so schnell wie möglich einigen. Der Ruf der Lufthansa darf unter diesem Tarifkonflikt nicht leiden», sagte Franz. Der Streik treffe Unternehmen und Passagiere «sehr hart».
Lufthansa hat nach eigenen Angaben die Call-Center noch einmal verstärkt, nachdem an den Vortagen häufig kein Durchkommen war. Der Andrang habe im Vergleich zu Montag und Dienstag aber abgenommen, sagte eine Unternehmenssprecherin. Bei den Passagieren entschuldige man sich für die Unannehmlichkeiten.
3800 Flüge gestrichen
Anlass des Streiks sind die von Lufthansa einseitig gekündigten Übergangsrenten, die den Piloten bislang ein vorzeitiges Ausscheiden aus dem Beruf im Durchschnitt mit knapp 59 Jahren ermöglichten. Ausserdem fordern die Piloten ein Gehaltsplus von zehn Prozent.
Wegen des härtesten Streiks der Unternehmensgeschichte hat Lufthansa bis inklusive Freitag rund 3800 Flüge gestrichen. Betroffen sind insgesamt etwa 425 000 Fluggäste. Nach dem Ende des Ausstands will die Lufthansa möglichst schnell wieder den normalen Flugbetrieb aufnehmen. (awp/mc/ps)