Machtwechsel in Spanien

Mariano Rajoy

Spaniens abgewählter Ministerpräsident Mariano Rajoy.

Mariano Rajoy, designierter spanischer Ministerpräsident.

Madrid – Nach dem überzeugenden Sieg seiner konservativen Volkspartei (PP) bei der vorgezogenen Parlamentswahl in Spanien hat der künftige Ministerpräsident Mariano Rajoy vor überzogenen Erwartungen gewarnt. «Wir werden keine Wunder vollbringen», sagte der 56-Jährige in der Nacht zum Montag. «Wir haben aber auch keine Wunder versprochen.» Er wolle Regierungschef aller Spanier sein. «Niemand muss uns fürchten», sagte Rajoy. «Unsere Gegner sind die Arbeitslosigkeit, das Budgetdefizit, die überhöhten Schulden und die wirtschaftliche Stagnation.»

Nach dem vorläufigen Endergebnis kommt Rajoys PP auf 186 der insgesamt 350 Sitze, 32 mehr als 2008. Damit steht der bisherige Oppositionsführer als künftiger Ministerpräsident praktisch fest. Er kann sich nicht nur auf eine absolute Mehrheit stützen, sondern erzielte auch das beste Ergebnis in der Geschichte seiner Partei. Die Sozialisten (PSOE), die das Land seit mehr als sieben Jahren regiert hatten, fuhren das schlechteste Resultat seit der Wiedereinführung der Demokratie nach dem Ende der Franco-Diktatur (1939-1975) ein. Sie verloren etwa ein Drittel ihrer Mandate und kommen nur noch auf 110 Sitze.

Finanzkrise bestimmt Wahl –
Der Wahlausgang wurde massgeblich von der Wirtschafts- und Finanzkrise bestimmt. Spanien hat die höchste Arbeitslosigkeit in der EU. Die Wirtschaft stagniert, und die Schuldenkrise brachte das Land unmittelbar vor der Wahl wirtschaftlich an den Rand des Abgrunds. Der sozialistische Ministerpräsident José Luis Rodríguez Zapatero musste sich vorhalten lassen, nicht angemessen auf die Krise reagiert zu haben. Der Regierungschef hatte auf eine Kandidatur für eine dritte Amtszeit verzichtet. Für ihn hatte die PSOE den früheren Innenminister Alfredo Pérez-Rubalcaba als Spitzenkandidaten ins Rennen geschickt. Der Wahlverlierer forderte Zapatero als amtierenden PSOE-Parteichef in der Wahlnacht auf, einen Sonderparteitag einzuberufen, der über die neue Führung der Sozialisten entscheiden soll.

Beteiligung rückläufig
Insgesamt waren 35,8 Millionen Spanier am Sonntag zur Stimmabgabe aufgerufen. Die Wahlbeteiligung war mit 71,7 Prozent deutlich geringer als bei der vorigen Wahl 2008.

Noch keine konkreten Aussagen zu Sparprogramm
Rajoy, der bei den Wahlen 2004 und 2008 gegen Zapatero verloren hatte, will Spanien ein drastisches Sparprogramm verordnen. Der 56-Jährige kündigte Einschnitte in allen Bereichen mit Ausnahme der Renten an. «Ich werde Spanien aus dieser Krise herausbringen», hatte der Parteichef der Konservativen im Wahlkampf versprochen. Er liess aber offen, wo er konkret den Rotstift ansetzen will. Weitgehend unklar blieb auch, wie er die stagnierende Wirtschaft des Landes in Schwung bringen will. Die Wahl markiert das Ende der Ära Zapateros, der das Land seit 2004 regiert hatte. Wegen der Wirtschafts- und Finanzkrise hatte der Sozialist die eigentlich im März 2012 fällige Wahl vorgezogen.

Lage hat sich vor der Wahl dramatisch zugespitzt
Kurz vor der Wahl hatte sich die Schuldenkrise dramatisch zugespitzt, so dass Spanien in die «Gefahrenzone» geriet. Die Risikoaufschläge auf die Zinsen, die der Staat für seine Anleihen zahlen muss, stiegen auf ein Niveau, das als untragbar gilt. Wenn der Trend nicht umgekehrt werden kann, läuft Spanien Gefahr, wie bereits Griechenland, Irland und Portugal internationale Hilfe in Anspruch nehmen zu müssen. Starke Stimmengewinne erzielte die Vereinte Linke (IU), die nach den vorläufigen Ergebnissen elf Sitze errang, mehr als fünfmal so viele wie 2008. Erstmals seit über einem Jahrzehnt werden auch wieder baskische Separatisten im spanischen Parlament vertreten sein. Der neu geschaffene Zusammenschluss Amaiur gewann auf Anhieb sieben Sitze und stieg zur stärksten politischen Kraft im Baskenland auf.

Erstmals Wahlen ohne Thema ETA-Terror
Die Wahlen waren die ersten in der jüngeren spanischen Geschichte, in denen die Gefahr des ETA-Terrors keine Rolle spielte. Die baskische Untergrundorganisation war in letzter Zeit durch Festnahmen führender Mitglieder so sehr geschwächt worden, dass sie sich zu einer «definitiven» Abkehr von der Strategie des Terrors gezwungen sah. (awp/mc/ps)

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