Paris – Wenige Wochen vor der Parlamentswahl hat Frankreichs neuer Präsident Emmanuel Macron den Konservativen Edouard Philippe zum Premierminister ernannt. Damit sandte der Mitte-Links-Staatschef am Montag ein starkes Signal an das bürgerliche Lager, das ihn bisher nicht unterstützt. Philippe war bislang Abgeordneter und Bürgermeister der nordfranzösischen Hafenstadt Le Havre, er gehört zum moderaten Flügel der konservativen Republikaner-Partei.
Der neue Regierungschef ist 46 Jahre alt und stand bislang in der nationalen Politik nicht in der ersten Reihe. Es ist in Frankreich höchst ungewöhnlich, dass ein Präsident aus freien Stücken einen Politiker aus einer anderen Partei zum Regierungschef macht.
Edouard Philippe war seit Tagen als Kandidat für den Posten gehandelt worden. Der neue Regierungsschef steht dem früheren Premierminister Alain Juppé nahe, dessen Linie den deutschen Christdemokraten ähnelt und der sich im vergangenen Jahr erfolglos um die Präsidentschaftskandidatur der Republikaner beworben hatte. Philippe hat wie Macron die Elite-Verwaltungshochschule ENA absolviert. Seine ersten Schritte in der Politik machte er noch als Student bei den Sozialisten, bevor er sich dem konservativ-bürgerlichen Lager zuwandte. 2010 wurde er Bürgermeister von Le Havre, 2012 Abgeordneter.
Nomination du Premier Ministre von elysee
Macron seit Sonntag im Amt
Der Präsident muss bei der Wahl zur Nationalversammlung am 11. und 18. Juni eine Mehrheit erringen, um seine Reformagenda umsetzen zu können. Gelingt dies nicht, würde das Macrons Handlungsspielraum stark einschränken. Seine Bewegung «En Marche!» ist bislang nicht in der Nationalversammlung vertreten.
Der bisherige Regierungschef Bernard Cazeneuve hatte wie in Frankreich üblich bereits in der vergangenen Woche seinen Rücktritt eingereicht, damit der neue Staatschef auch eine neue Regierung bilden kann. Der 39-jährige Macron hatte am Sonntag als jüngster Politiker aller Zeiten das französische Präsidentenamt übernommen.
Seine Präsidentschaft ist ein neues Kapitel für die französische Politik, weil er nicht für eine der traditionellen Regierungsparteien der Konservativen oder Sozialisten angetreten war. Seine erst vor gut einem Jahr gegründete Partei «En Marche!» positioniert er «weder rechts noch links». Allerdings hatte er es bislang nicht geschafft, prominente Figuren aus dem Mitte-Rechts-Lager an Bord zu holen.
Merkel und Macron wollen Reform der EU
Am späteren Nachmittag führe Macrons erste Auslandreise als Staatsoberhaupt nach Berlin. Kanzlerin Angela Merkel und der neue französische Präsident wollen die Modernisierung der Europäischen Union vorantreiben und sind dabei auch offen für die Änderung bestehender Verträge. Merkel und Macron kündigten am Montag in Berlin einen gemeinsamen Fahrplan («Road Map») für Reformen in der EU und der Eurozone an. Im Juli nach den Parlamentswahlen in Frankreich soll es dazu eine gemeinsame Kabinettssitzung geben.
«Wir können dem Ganzen eine neue Dynamik geben», sagte Merkel bei einer gemeinsamen Pressekonferenz beim Antrittsbesuch Macrons in Berlin. Dazu müsse man auch bereit sein, Verträge zu ändern. «Wenn wir sagen können, warum, wozu, was die Sinnhaftigkeit ist, wird Deutschland jedenfalls dazu bereit sein», sagte Merkel. «Die ganze Welt ändert sich», fügte sie hinzu. Auch Macron betonte: «Für uns gibt es hier keinerlei Tabu.» (awp/mc/pg)