Karl-Ludwig Kley, CEO Merck KGaA.
Darmstadt – Der Pharma- und Chemiekonzern Merck gibt sich ungeachtet der Herausforderungen in seinem Pharmageschäft zuversichtlich: «Wir sind eigentlich ganz positiv für 2011 gestimmt», sagte Merck-Chef Karl-Ludwig Kley am Montag bei Vorlage der Zahlen für 2010.
Die starke Nachfrage nach seinen chemischen Produkten und die Übernahme des US-Laborausrüsters Millipore haben dem Dax-Konzern im abgelaufenen Geschäftsjahr zu einem Rekordumsatz und einem deutlichen Gewinnplus verholfen. Unter dem Strich stieg der Gewinn nach Minderheiten auf 632,1 Millionen Euro nach 366,3 Millionen im Vorjahr. Nach der Übernahme von Millipore für 5,1 Milliarden Euro seien 2011 keine grösseren Zukäufe geplant.
Ehrgeizige Ziele für 2011
2011 wollen die Hessen den Umsatz um 13 bis 18 Prozent und das operative Ergebnis um 35 bis 45 Prozent steigern. Auch 2012 geht der auf eine 1668 gegründete Apotheke zurückgehende Traditionskonzern von einer Steigerung bei Umsatz und operativem Ergebnis aus. Der Konzern setze mit seinem Portfolio «auf die richtigen Pferde», so Kley. Die Aktionäre sollen für 2010 eine Dividende von 1,25 Euro nach 1,00 Euro im Vorjahr erhalten. Der Ausblick kam gut an: Merck-Aktien verteuerten sich um 4,05 Prozent auf 65,24 Euro. Die Ziele für 2011 sähen mit Blick auf das angestrebte Umsatzwachstum besser als erwartet aus, schrieb Commerzbank-Analyst Daniel Wendorff. Operativ konnte Merck das Ergebnis im Vergleich zur Vorjahr auf 1,114 Milliarden Euro steigern. 2009 war die Kennzahl wegen Abschreibungen und Rückstellungen im Pharmageschäft auf 648,9 Millionen Euro eingebrochen. Die Gesamterlöse kletterten um rund ein Fünftel auf 9,3 Milliarden Euro. Zukäufe – hauptsächlich die Übernahme von Millipore- hätten rund acht Prozent beigetragen.
Pharmasparte: Entwicklungsprojekte unter der Lupe
Nach mehreren Rückschlägen bei Zulassung und Entwicklung neuer Medikamente hatte Merck die Führung seines Pharmageschäfts ausgetauscht: Anfang des Jahres übernahm Stefan Oschmann die Verantwortung für die grösste Sparte Merck Serono und die rezeptfreien Alltagsprodukte (Consumer Health Care) von Elmar Schnee. Die Entwicklungsprojekte in der Pharmasparte würden derzeit überprüft, sagte Kley. Dies ist dringend nötig, denn bei Merck Serono lief es in den vergangenen Monaten alles andere als rund: So hat sich ein Expertengremium der europäischen Arzneimittelbehörde Ema gegen die Zulassung der Multiple-Sklerose-Tablette Cladribin ausgesprochen. «Das schmerzt natürlich,» so Kley. Merck sei weiter von der Wirksamkeit der Tablette überzeugt.
Probleme auch in USA
Auch in Amerika gibt es Probleme: Auf dem weltweit grössten Pharmamarkt hofft Merck noch auf grünes Licht für Cladribin. Die US-Gesundheitsbehörde FDA hat die Prüfzeit bis zum 28. Februar 2011 verlängert. Merck hat mit Cladribin mittlerweile den Anschluss an das Konkurrenzprodukt Gilenya des Schweizer Pharmakonzerns Novartis verloren. Cladribin galt bisher als wichtigste Neuentwicklung für das Arzneimittelgeschäft der Hessen. 2010 verbuchte Merck bei Merck Serono mit den Kernmedikamenten Rebif zur Behandlung Multipler Sklerose und dem Krebsmittel Erbitux einen Umsatzanstieg von rund acht Prozent auf 5,8 Milliarden Euro. 2011 wird ein Anstieg von fünf bis zehn Prozent in Aussicht gestellt. Ohne die Cladribin-Zulassung in den USA rechnen die Darmstädter noch mit einem Umsatzplus von ein bis sechs Prozent.
Bereich Consumer Health Care steht nicht zum Verkauf
In der Sparte Consumer Health Care mit Produkten wie Nasivin oder Cebion hat Merck sein Geschäft mit rezeptfreien Produkten gebündelt. Merck habe nicht die Absicht, dafür einen Verkaufsprozess einzuleiten, sagte Kley auf mehrere Nachfragen. Die Sparte habe in einigen Ländern bereits eine kritische Masse – allerdings nicht weltweit. Merck müsse sich daher fragen, wie man daraus einen globalen Spieler machen könne. «Das geht einerseits durch grosse Zukäufe», so Kley. Dies schloss der Manager wegen der hohen Preise allerdings aus. Eine Stärkung sei auch mit Lizenzvereinbarungen und kleineren Zukäufen möglich. Die Sparte ist die kleinste in der Merck-Gruppe. (awp/mc/ps)