Vor EU-Gipfel verschärft Merkel den Konfrontationskurs

Vor EU-Gipfel verschärft Merkel den Konfrontationskurs

Angela Merkel bleibt hart – Nein zu Eurobonds, Eurobills oder Schuldentilgungsfonds.

Berlin – Unmittelbar vor dem EU-Krisengipfel ist Bundeskanzlerin Angela Merkel auf Konfrontationskurs zu Ratspräsident Herman Van Rompuy gegangen. In ihrer Regierungserklärung im Bundestag äusserte sie am Mittwoch scharfe Kritik an einem Papier zur Bewältigung der Schuldenkrise, das Van Rompuy als Grundlage für den Gipfel in Brüssel vorgelegt hat. Für das Krisenland Spanien wird die finanzielle Belastung unterdessen immer dramatischer.

«Ich widerspreche entschieden der in dem Bericht niedergelegten Auffassung, dass vorrangig der Vergemeinschaftung das Wort geredet wird», sagte Merkel. Erst an zweiter Stelle würden Kontrolle und einklagbare Verpflichtungen genannt. «Somit stehen Haftung und Kontrolle in diesem Bericht in einem klaren Missverhältnis.» Die Kanzlerin wurde am Abend zu einem Treffen mit Frankreichs Präsident François Hollande in Paris erwartet.

Historischer Machtverzicht
Die Staats- und Regierungschefs der EU kommen am Donnerstag zu einem zweitägigen Treffen in Brüssel zusammen. An dem Einladungsschreiben hatten neben Van Rompuy auch Kommissionschef José Manuel Barroso, Eurogruppenchef Jean-Claude Juncker und der Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB), Mario Draghi, mitgewirkt.

In dem Papier wird eine Diskussion um einen historischen Machtverzicht der nationalen Regierungen und Parlamente eröffnet. Es schlägt eine strikte Kontrolle der nationalen Haushalte, eine Kontrolle der Banken durch EU-Aufseher und mittelfristig auch eine Vergemeinschaftung der Schulden vor. «Mehr denn je zuvor muss der Gipfel in einer klaren und konkreten Weise zeigen, dass wir alles Nötige als Antwort auf die Krise tun», heisst es in dem am Mittwoch in Brüssel veröffentlichten Papier.

Einigung über Bankenunion erwartet
Das europäische Spitzentreffen beginnt mit einer Debatte über die höchst umstrittene Finanzplanung für die Jahre 2014 bis 2020. Schon am Donnerstag soll dann ein Wachstumspakt beschlossen werden, der Ausgaben in Höhe von 130 Milliarden Euro vorsieht. Dabei handelt es sich zu einem grossen Teil um ohnehin bereits vorgesehene Ausgaben. Hinzu kommen neue Kredite der Europäischen Investitionsbank (60 Milliarden Euro) und Projektanleihen von etwa 18 Milliarden Euro.

EU-Kreise rechneten auch mit einer Einigung über die sogenannte Bankenunion, die eine europäische Bankenaufsicht, die gemeinsame Sicherung der Einlagen sowie eine von den Banken selbst finanzierte Rettungseinrichtung vorsieht. Dies könnte Ende 2013 in Kraft treten. Diplomaten sagten in Brüssel, bei dem Gipfel werde es auch um kurzfristige Massnahmen zur Absicherung der Eurozone gehen. Im Kern geht es darum, den Druck von Spanien und Italien zu nehmen, die hohe Zinsen für ihre Anleihen zahlen müssen. Italiens Ministerpräsident Mario Monti hatte Anleihenkäufe durch den Krisenfonds EFSF ins Spiel gebracht.

Rajoy hofft auf Befreiungsschlag
Spaniens Ministerpräsident Mariano Rajoy erhofft sich vom EU-Gipfel einen Befreiungsschlag, der die viertgrösste Wirtschaftsmacht der Eurozone aus der schlimmsten Not rettet. Sein Land könne den Staatshaushalt zu den jetzigen Bedingungen nicht mehr lange Zeit finanzieren, warnte der Regierungschef am Mittwoch. Er werde die EU auf dem Gipfel auffordern, Entscheidungen zu einer Stabilisierung der Kapitalmärkte zu treffen.

«Das dringendste Thema ist die Finanzierung (des Staatshaushalts)», betonte Rajoy im spanischen Parlament. Die Zinssätze, die derzeit für spanische Staatsanleihen fällig würden, seien für das Land nicht mehr für lange Zeit bezahlbar. «Zahlreichen Institutionen und Geldhäusern ist der Zugang zu den Geldmärkten schon jetzt versperrt.» (awp/mc/pg)

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