Dubai – Der Flugzeugbauer Airbus und sein kaum gefragtes Flaggschiff A380 haben auf der Luftfahrtmesse in Dubai einen üblen Start erwischt. Während sich Airbus-Manager am Sonntag für eine Pressekonferenz mit der arabischen Fluggesellschaft Emirates bereit machten, betraten Manager des US-Herstellers Boeing den Saal. Statt einem erwarteten Grossauftrag über 36 Exemplare des weltgrössten Passagierjets Airbus A380 kündigte Emirates dort eine milliardenschwere Bestellung über 40 Boeing-Langstreckenflieger vom Typ «Dreamliner» an – und zwar in der längsten Ausführung 787-10.
Die Airbus-Leute, die den Saal bis dahin dominiert hatten, verliessen daraufhin die Pressekonferenz. Emirates› Auftrag für Boeing kommt mit 15,1 Milliarden US-Dollar (12,9 Mrd Euro) nach Listenpreisen auf einen ähnlichen Wert wie derjenige, mit dem Insider für Airbus gerechnet hatten. Nach Informationen der Nachrichtenagentur Bloomberg ging es dabei um 36 Exemplare der doppelstöckigen A380, von der Emirates in Hamburg erst vor wenigen Tagen ihr 100. Exemplar in Empfang genommen hatte.
Die erhoffte Bestellung käme laut Preisliste auf einen Gesamtwert von 15,7 Milliarden Dollar – und würde die Produktion der A380 über mehrere weitere Jahre sichern. Airbus hatte zuletzt noch Aufträge für 170 Maschinen des Typs in den Büchern. Doch neue Bestellungen gibt es praktisch seit Jahren nicht mehr. Emirates aus Dubai ist die mit Abstand grösste Abnehmerin und hat noch 42 Maschinen zu bekommen. Weil weitere Neubestellungen lange ausblieben, hat Airbus schon beschlossen, die Fertigung von zwischenzeitlich 30 Jets auf nur noch 8 pro Jahr zurückzufahren.
Airbus-Aktie unter Druck
Für die Airbus-Aktie ging es am Montagmorgen an der Pariser Börse um 0,26 Prozent abwärts auf 83,50 Euro, nachdem sie Ende Oktober auf Xetra ein Rekordhoch bei 88,20 Euro erklommen hatten.
Die Dubai Air Show hat am Sonntag begonnen und dauert noch bis Donnerstag, 16. November. Aufsehen erregende Aufträge werden aber gern zum Messestart bekanntgegeben. Weder Emirates noch Airbus wollten sich dazu äussern, wie die Verhandlungen zu der erwarteten neuen A380-Order vorangehen.
Emirates› arabische Rivalin Qatar Airways ist bei der Messe diesmal nicht vertreten – wegen des Embargos gegen ihren Heimatstaat, das Emirat Qatar. Und Etihad aus Abu Dhabi muss nach ihren misslungenen teuren Abenteuern als Grossaktionärin der insolventen Fluglinien Air Berlin und Alitalia ihr Geschäftsmodell überdenken. Unter den möglichen Kunden aus der Region gilt Emirates für die Flugzeugbauer daher als Hoffnungsträgerin.
«Absolut gewaltiger Sieg»
«Boeing hat hier einen absolut gewaltigen Sieg errungen», sagte Luftfahrtexperte Saj Ahmad von StrategicAero Research in London. Der US-Konzern soll die 40 «Dreamliner» ab dem Jahr 2022 an Emirates ausliefern. Der will mit den Fliegern seine Flotte verjüngen. Die Listenpreise der Flieger sind allerdings nur als sehr grobe Anhaltspunkte zu verstehen: In der Branche sind hohe Rabatte üblich, um so mehr bei wenig gefragten Flugzeugtypen.
Boeings «Dreamliner» ist selbst in der Langversion deutlich kleiner als die A380. Während die 787-10 in einer typischen Zwei-Klassen-Konfiguration Platz für 330 Passagiere bietet, kommen im Airbus-Flieger selbst bei einer grosszügigen Bestuhlung in First, Business, Premium Economy und Economy Class 544 Menschen unter. Eng bestuhlt reicht es sogar für über 850 Passagiere.
Derzeit setzen die Airlines bei ihren Langstreckenflotten vor allem auf normalgrosse Grossraumjets wie den Airbus A350 oder Boeings 787, die sich auf einer Vielzahl von Routen rentabel einsetzen lassen. Die A380 lohnt sich in der Regel nur auf Verbindungen zwischen grossen Metropolen. Auch die Fluglinie Azerbaijan Airlines orderte bei Boeing in Dubai fünf «Dreamliner» und will zudem noch zwei Frachtjets kaufen. Damit winken Boeing weitere Aufträge mit einem Listenpreis-Wert von 1,9 Milliarden Dollar.
Einen völlig anderen Grossauftrag sicherte sich auf der Air Show der US-Rüstungskonzern Lockheed Martin. Das Verteidigungsministerium der Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) kündigte an, 80 Kampfjets des Typs F-16 für umgerechnet knapp 1,4 Milliarden Euro zu kaufen. (awp/mc/ps)