Lucas Papademos Favorit für die Nachfolge von Giorgos Papandreou.
Athen – Die politischen Turbulenzen in Griechenland und Italien strapazieren weiter die Nerven der Euro-Partner und Märkte. Unter massivem Druck ringen in Athen die Parteien weiter um eine Übergangsregierung. Bis zum frühen Dienstagnachmittag stand der neue Regierungschef noch nicht offiziell fest. Als aussichtsreichster Kandidat des Notkabinetts gilt Ex-EZB-Vizepräsident Lucas Papademos.
In Rom wollte das Parlament am Nachmittag über die Zukunft des umstrittenen italienischen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi entscheiden. Der Ruf nach einem Rücktritt des 75-Jährigen wird auch aus den eigenen Koalitionsreihen lauter. Weiter schleppend verläuft angesichts der politischen Unsicherheiten die Suche nach Investoren für den Euro-Rettungsfonds EFSF, um dessen Schlagkraft zu erhöhen. Strittig bleibt zudem eine Finanztransaktionssteuer in Europa.
Neuwahlen nach Verabschiedung des Rettungspakets
Eine Einigung in Athen zwischen der sozialistischen PASOK und der konservativen ND war erforderlich, damit Griechenland rasch das neue Rettungs- und Sparpaket verabschieden und die Vorgaben des Brüsseler Gipfels umsetzen kann. Solange wird auch die nächste Hilfstranche für Athen von acht Milliarden Euro nicht ausgezahlt. Nach Verabschiedung des Brüsseler Rettungspakets im Parlament soll es Neuwahlen geben.
Rücktritt der Regierung erwartet
Am Vormittag dementierten Funktionäre der Sozialisten und der Konservativen Berichte, es habe bereits eine Festlegung auf Papademos als neuen Ministerpräsidenten gegeben. Für den Nachmittag wurde der Rücktritt der Athener Regierung des noch amtierenden Ministerpräsidenten Giorgos Papandreou erwartet.
Mit den acht Milliarden Euro neuen Notkrediten kann Athen nun Ende November rechnen. Voraussetzung sei, dass die neue Regierung sich zum Sparkurs bekenne und die Beschlüsse des Euro-Gipfels vom 27. Oktober umsetze, sagte der Chef der Eurogruppe, Jean-Claude Juncker.
EU fordert Regierung der nationalen Einheit
Die Euro-Partner verlangten von Griechenland einen gemeinsamen Kraftakt von Regierung und Opposition. «Wir haben gefordert, eine Regierung der nationalen Einheit zu bilden», sagte EU-Währungskommissar Olli Rehn am Montagabend in Brüssel. Die Euro-Staaten hatten einen Schuldenschnitt für Athen und ein weiteres Hilfsprogramm von 100 Milliarden Euro vereinbart.
Bossi fordert Berlusconi zum Rücktritt auf
In Italien erhöht sich der Druck auf Berlusconi. Der Medienmogul wurde auch offen vom Koalitionspartner Lega Nord zum Rücktritt aufgefordert. Lega-Nord-Chef Umberto Bossi sagte: «Berlusconi möge einen Schritt zur Seite machen und (seinen Parteichef Angelino) Alfano zum Regierungschef ernennen.» Berlusconi hat bisher seinen Rücktritt abgelehnt, obwohl sich mehrere Parlamentarier seiner Mitte-Rechts-Koalition von ihm abgewandt hatten.
Italien weist nach Griechenland den höchsten Schuldenstand der Eurozone gemessen an der Wirtschaftsleistung auf. Angesichts seiner schwindenden Regierungsmehrheit gelang es Berlusconi trotz der Sparpakete und Versprechungen gegenüber Brüssel bisher nicht, die Finanzmärkte zu beruhigen. Rom steht inzwischen unter Beobachtung sowohl der EU-Kommission und des Internationalen Währungsfonds.
Tremonti nach Rom zurückgekehrt
Der italienische Finanzminister Giulio Tremonti nahm angesichts der Entwicklungen nicht am Treffen der EU-Ressortkollegen in Brüssel teil und kehrte nach Diplomatenangaben vorzeitig nach Rom zurück.
Grossbritannien forderte von der Eurozone mehr Energie und Tempo im Kampf gegen die Schuldenkrise. «Die Eurozone muss zeigen, dass sie hinter ihrer Währung steht», sagte der britische Finanzminister George Osborne. «Wir können nicht einfach auf die Entwicklungen in Athen und Rom warten. Wir müssen auch in Brüssel vorankommen.»
Keine Einigung bei Transaktionssteuer
Gespalten bleibt Europa auch bei der Finanztransaktionssteuer. Beim Treffen der EU-Finanzminister zeichnete sich ab, dass die neue Abgabe allenfalls in den 17 Euroländern eingeführt werden könnte. Endgültige Beschlüsse dürften erst später fallen. Unter anderem Grossbritannien und Schweden wehren sich. Ohne Einbeziehung des Finanzplatzes London befürchten andere Länder Kapitalabwanderungen. (awp/mc/pg)