Neue EU-Sanktionen gegen Russland

Neue EU-Sanktionen gegen Russland
Russlands Präsident Wladimir Putin.

Brüssel / Kiew – Die Europäische Union hat sich nach tagelangem Ringen auf ein neues Sanktionspaket gegen Russland verständigt – das inzwischen neunte. Betroffen ist unter anderem der Bankensektor. Darüber hinaus soll in der kommenden Woche nun auch der Beschluss für einen Preisdeckel auf russisches Gas fallen. Derweil bat die ukrainische Führung die EU noch einmal eindringlich um mehr Waffen, um gegen den russischen Angriffskrieg bestehen zu können.

EU-Staaten bringen neues Sanktionspaket gegen Russland auf den Weg
Die 27 Mitgliedsstaaten der Europäischen Union haben ein neuntes Paket mit Sanktionen gegen Russland auf den Weg gebracht. Am Rande des EU-Gipfels in Brüssel billigte der Ausschuss der ständigen Vertreter am Donnerstagabend einstimmig Pläne, die unter anderem neue Strafmassnahmen gegen russische Banken und zusätzliche Handelsbeschränkungen vorsehen.

Zuvor war ein tagelanger Streit über mögliche unerwünschte Nebenwirkungen von Sanktionen beigelegt worden. Deutschland hatte gemeinsam mit Ländern wie Frankreich und den Niederlanden gefordert, im Zuge des neuen Sanktionspakets bestimmte Regeln zu ändern, um Beeinträchtigungen des Handels mit Agrarprodukten und Düngemitteln zu vermeiden.

Preisdeckel für Gas kommt
Die EU will zudem nach monatelangem Streit nächste Woche ihren Beschluss für einen europäischen Gaspreisdeckel fassen. Bei dem Gipfel in Brüssel verständigten sich die Staats- und Regierungschefs darauf, dass die Arbeiten daran bei einem Treffen der Energieminister an diesem Montag abgeschlossen werden. Anfang der Woche hatte insbesondere Deutschland eine Einigung wegen Bedenken bei der Versorgungssicherheit aufgehalten.

Selenskyj: Rot-Kreuz-Helferin in Cherson getötet
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj warf Russland vor, beim Beschuss der Stadt Cherson eine freiwillige Helferin in einer Station des Roten Kreuzes getötet zu haben. «Die Frau, die starb, war eine Sanitäterin, eine Freiwillige», sagte der Staatschef am Donnerstagabend in einer Videoansprache. Die kürzlich befreite Hafenstadt im Süden der Ukraine sei allein am Donnerstag 16 Mal von russischer Seite beschossen worden.

Zudem sei auch die nordukrainische Metropole Charkiw wieder Ziel russischer Artillerieangriffe geworden, während im Donbass weitergekämpft werde. «Die Besatzer werfen alles und jeden in die Offensive. Sie können unsere Armee nicht besiegen. Also zerstören sie jede Stadt und jedes Dorf physisch, so dass es keine Gebäude, nicht einmal mehr Mauern gibt, die für irgendeine Art von Verteidigung genutzt werden könnten», sagte Selenskyj.

Selenskyj erneuert Aufruf zur Waffenhilfe
Selenskyj rief die EU-Staaten eindringlich zur Lieferung moderner Panzer und Flugabwehr für den Abwehrkampf gegen Russland auf. In einer Videoansprache beim Gipfel in Brüssel bat er die Staats- und Regierungschefs am Donnerstag auch um Gas- und Stromlieferungen in grossem Umfang, um die Zerstörung der Infrastruktur durch russische Angriffe zu kompensieren.

«Ich bitte Sie darum, Führung zu zeigen», sagte Selenskyj. «Derjenige, der als erster moderne Panzer liefert, eröffnet die Möglichkeit für Lieferungen aus der ganzen Welt und wird als einer der grössten Verteidiger der Freiheit unserer Zeit im Gedächtnis bleiben.» Es gebe keinen rationalen Grund, warum die Ukraine die Panzer nicht zum jetzigen Zeitpunkt bekommen sollte. Dasselbe gelte für weitreichende Artillerie- und Raketensysteme, die das Ende der russischen Aggression schneller herbeiführen könnten. «All das würde eine direkte Rettung von Millionen Menschenleben bedeuten.»

Ukrainischer Armeechef fordert 300 Panzer und 500 Haubitzen für Sieg
Auch der ukrainische Oberkommandierende Walerij Saluschnyj erbat neue Waffen für einen Sieg über die russische Armee. «Ich brauche 300 Kampfpanzer, 600 bis 700 Schützenpanzer und 500 Haubitzen», sagte der 49-Jährige in einem Interview der britischen Zeitschrift «Economist».

Damit sei es möglich, die russischen Truppen auf die Positionen vor dem Einmarsch am 24. Februar zurückzudrängen, sagte Saluschnyj. Derzeit erhalte er jedoch weniger Mittel, als er benötige. Grössere Operationen seien damit unmöglich, trotzdem werde gerade eine neue ausgearbeitet. «Sie ist auf dem Weg», versicherte der General.

Zugleich rechnet Saluschnyj im kommenden Jahr mit einer neuen russischen Grossoffensive. «Im schlimmsten Fall Ende Januar», sagte er. Die Russen würden rund 200 000 frische Soldaten dafür ausbilden. Die ukrainische Armee ihrerseits bereite ebenfalls eigene Reserven dafür vor. Ob die Offensive im ostukrainischen Donbass beginnen werde, im Süden, oder aus der nördlich angrenzenden Ex-Sowjetrepublik Belarus mit Stossrichtung direkt auf Kiew, könne er noch nicht sagen. Dennoch werde die ukrainische Hauptstadt früher oder später erneut Ziel sein. «Ich habe keinen Zweifel daran, dass sie Kiew erneut angreifen werden», sagte Saluschnyj.

Russland warnt USA vor Lieferung von «Patriot»-Raketen
Russland warnte die USA einmal mehr vor der Lieferung von Luftabwehrwaffen des Typs «Patriot» an die Ukraine. Falls sich solche Berichte bestätigten, wäre dies ein «weiterer provokativer Schritt» der Vereinigten Staaten, sagte Aussenamtssprecherin Maria Sacharowa am Donnerstag in Moskau. Die USA würden sich damit immer tiefer in den Konflikt hineinziehen lassen – «mit allen daraus folgenden Konsequenzen». Sacharowa kündigte zudem an, «Patriot»-Raketen würden von der russischen Armee als prioritäre Ziele ins Visier genommen. (awp/mc/pg)

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