McCarthy bekommt auch im sechsten Wahlgang keine Mehrheit im Kongress

McCarthy bekommt auch im sechsten Wahlgang keine Mehrheit im Kongress
Kevin McCarthy, abgewählter Vorsitzender des US-Repräsentantenhauses.

Washington – Die Serie von Niederlagen für Kevin McCarthy setzt sich fort: Der Republikaner ist auch im sechsten Anlauf bei der Wahl zum Vorsitzenden des Repräsentantenhauses gescheitert. Das ergab sich aus dem Ergebnis der mündlichen Abstimmung am Mittwoch, das formell noch von der Leiterin der Sitzung in der Parlamentskammer bestätigt werden musste. McCarthy hatte bereits in den vorherigen Wahlgängen nicht die erforderliche Zahl an Stimmen erreicht, weil ihm diverse Parteikollegen die Unterstützung verweigerten.

Auch dieses Mal hatten die Republikaner den Abgeordneten Byron Donalds als Gegenkandidaten aufgestellt. Auf den Republikaner entfielen bei der mündlichen Abstimmung erneut 20 Stimmen. «Diese Stadt ist kaputt. Und ich will sie reparieren», sagte der republikanische Angeordnete Scott Perry vor der Abstimmung. Das ginge nicht, wenn man sich einfach einreihe und das Gleiche tue, was alle vor einem getan hätten. Daher nominiere er Donalds als Gegenkandidaten.

Die Republikanerin Kat Cammack nominierte McCarthy und appellierte an ihre Partei, sich endlich hinter den 57-Jährigen zu stellen. Die Menschen in ihrem Wahlkreis würden ihr mit auf den Weg geben, dass es an der Zeit sei, an die Arbeit zu gehen. Alles andere sei inakzeptabel. Für McCarthy ist das Prozedere eine historische Schlappe und eine öffentliche Blossstellung. (awp/mc/pg)

Trumps Appell ohne Wirkung
Trump hatte McCarthy bereits vor der Wahl seine Unterstützung ausgesprochen, was den Feldzug gegen diesen aber nicht verhinderte. Auch sein erneuter Appell beeindruckte die parteiinternen Rebellen nicht, was einmal mehr ein Zeichen für Trumps geschwundenen Einfluss innerhalb der Republikanischen Partei ist.

Auch im fünften Wahlgang verweigerten am Mittwoch wie schon am Vortag erneut 20 Republikaner ihrem Parteikollegen McCarthy die Unterstützung. Bereits am Dienstag hatte das Anti-McCarthy-Lager mehrere alternative Kandidaten aufgestellt – als Zeichen ihres Widerstandes.

Weitere Abstimmung am Donnerstag
Nach einer mehrstündigen Pause vertagte das US-Repräsentantenhaus die Abstimmung über den Vorsitz der Parlamentskammer. Der entsprechende Antrag wurde nur ganz knapp angenommen. Die Demokraten stemmten sich gegen das Vorhaben der Republikaner. Die nächste Sitzung soll nun am Donnerstagmittag (Ortszeit) beginnen.

Biden: «Peinlich»
US-Präsident Biden kritisierte das Wahldrama der Republikaner in der Kongresskammer. «Es ist nicht mein Problem. Ich finde es nur etwas peinlich, dass es so lange dauert und wie sie miteinander umgehen», sagte der Präsident in Washington. Der Rest der Welt schaue zu. «Ich konzentriere mich darauf, Dinge zu erledigen», betonte der Demokrat. Bei einem Besuch im Bundesstaat Kentucky hob Biden danach auffallend die Notwendigkeit überparteilicher Zusammenarbeit hervor und gab sich betont eng mit dem obersten Republikaner im Senat, Mitch McConnell, der in Kentucky zu Hause ist und an Bidens Besuch teilnahm.

Nach den Parlamentswahlen im November war der Kongress am Dienstag erstmals in neuer Konstellation zusammengekommen. Die Republikaner übernahmen die Kontrolle im Repräsentantenhaus – im Senat haben Bidens Demokraten weiter eine knappe Mehrheit. Biden wird in den kommenden Jahren also mehr als zuvor auf Kooperation mit den Republikanern angewiesen sein, da diese mit ihrer Mehrheit im Repräsentantenhaus nach Belieben Gesetzesvorhaben blockieren können. Allerdings ist unklar, ob es unter ihnen angesichts der kompletten internen Zerrüttung überhaupt eine gemeinsame Linie geben wird.

Ohne «Speaker» kein Kongress
Vorerst geht angesichts des Wahldebakels nichts im Repräsentantenhaus. Bis der Vorsitz geklärt ist, kann die Kongresskammer ihre Arbeit nicht aufnehmen, nicht einmal die neuen Abgeordneten können vereidigt werden.

McCarthy könnte womöglich versuchen, mit den Demokraten Verhandlungen aufzunehmen. Diese könnten ihm etwa durch Enthaltungen in ihren Reihen zu einem Wahlsieg verhelfen, weil das die Zahl der nötigen Stimmen senken würde. Möglich wäre ebenso, dass ein neuer Kandidat aufgestellt wird, auf den sich eine Mehrheit der Republikaner verständigen könnte. Denkbar wären aber auch Gespräche mit den Demokraten über einen Konsenskandidaten, den auch sie mittragen würden. Ein Ausweg war zunächst aber völlig unklar. (awp/mc/pg/ps)

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