Neuwahl verschärft Dauerkrise in Spanien – keine Mehrheit in Sicht
Madrid – Die Parlaments-Neuwahl in Spanien hat die verzwickte politische Situation im Madrider Parlament noch verschärft. Zwar konnten die Sozialisten von Ministerpräsident Pedro Sánchez wieder einen deutlichen Sieg einfahren – jedoch verpassten sie wie bereits bei der Abstimmung im April deutlich eine absolute Mehrheit. Eine Regierungsbildung gilt wegen der immer grösseren Stimmenzersplitterung als so gut wie unmöglich. Zudem konnten noch die Rechtspopulisten von Vox ihre Sitze mehr als verdoppeln und avancierten mit 52 Sitzen zur drittstärksten Kraft im 350-köpfigen «Congreso de los Diputados».
Ein Ende des «Bloqueo», der politischen Lähmung in Madrid, ist also weiter nicht in Sicht – dabei handelte es sich bereits um die vierte Wahl innerhalb von vier Jahren. Sánchez hat nun im Grunde nur zwei Möglichkeiten, um eine Regierung zu bilden: Entweder die PSOE geht eine grosse Koalition mit der konservativen Volkspartei PP ein, die wieder zweitstärkste Kraft wurde – das aber hatten beide Fraktionen schon vor der Abstimmung ausgeschlossen. Oder der 47-Jährige überzeugt die anderen Parteien davon, eine Minderheitsregierung unter seiner Führung zu dulden. Auch das gilt als unwahrscheinlich.
Rechtspopulisten in Feierlaune
In Feierlaune war am späten Abend wohl nur Vox-Chef Santiago Abascal, der mit einem «Viva España» auf die Bühne stürmte und von zahlreichen Anhängern frenetisch bejubelt wurde. Der AfD-Bundesvorsitzende Jörg Meuthen gratulierte umgehend aus Deutschland und beglückwünschte Abascal auf Twitter mit einem spanischen «Felicidades!» Vox ist unter anderem strikt gegen die Migration aus Afrika und die Politik der Sozialisten gegen häusliche Gewalt. Sánchez und andere Politiker rücken die Partei in die Nähe der Franco-Diktatur – zuletzt warnte der amtierende Regierungschef, Vox betrachte «Homosexuelle als Kranke» und wolle Medien schliessen lassen.
Zum Erfolg der Rechten hat nach Ansicht von Beobachtern vor allem die Zuspitzung der Krise in der abtrünnigen Region Katalonien beigetragen, die bei vielen Spaniern nationalistische Gefühle entfacht hat. Zudem blieben viele politikverdrossene linke Wähler den Urnen fern, die das Gezerre um eine Regierungsbildung leid sind. Die Beteiligung ging im Vergleich zum April von knapp 72 auf etwa 70 Prozent zurück.
Anhaltend schwierige Regierungsbildungen
Seit Jahren gestalten sich Regierungsbildungen in Spanien immer schwieriger. Das liegt vor allem an der zunehmenden Zersplitterung der Parteienlandschaft durch das Aufkommen neuer Gruppierungen. Mit Koalitionen haben die Politiker keine Erfahrung – früher regierten entweder die PSOE oder die PP im Alleingang. Wie es nun weitergeht, war unklar. Im schlimmsten Fall müssen die Spanier im nächsten Jahr wieder an die Urnen. (awp/mc/ps)