Nordex-CEO Thomas Richterich.
Frankfurt am Main – Strategiewechsel bei Nordex: Der Hamburger Windkraftanlagenbauer sucht für sein bislang schwaches China-Geschäft einen Partner. «Wir wollen noch in diesem Jahr ein Unternehmen mit einer hohen Marktdurchdringung finden», sagte Vorstandschef Thomas Richterich am Montag zur Bilanz-Pressekonferenz in Frankfurt.
Im Blick seien dabei vor allem auf Energieerzeugung spezialisierte Maschinenbauer, die noch kein Windkraftgeschäft haben. Ziel sei die Gründung eines Gemeinschaftsunternehmens. Auch die Konzerne General Electric (GE) und Siemens haben sich für ihr Windgeschäft in China Partner gesucht. Bislang versucht sich Nordex ohne grossen Erfolg als Einzelkämpfer auf dem chinesischen Markt, der im vergangenen Jahr der weltweit grösste war. Die Norddeutschen sehen sich wie viele andere ausländische Anbieter bei der Auftragsvergabe benachteiligt, obwohl das Unternehmen in China zwei Werke hat. Der Auslandsanteil lag 2010 im Riesenreich nur bei 11 Prozent. «Wir werden dort als ausländisches Unternehmen wahrgenommen», sagte Richterich. Das solle sich mit dem Gemeinschaftsunternehmen ändern, an dem der chinesische Partner die Mehrheit halten soll.
Nordex-Aktien gefragt
An der Börse war Nordex am Montag einer der grossen Gewinner. Bis zum Mittag ging es um 10,5 Prozent nach oben. Grund dafür war nach Einschätzung von Händlern vor allem der Wahlerfolg der Grünen bei den Landtagswahlen vom Sonntag. Ein Rückzug aus China ist für Richerich derzeit kein Thema, auch wenn die Gespräche mit potenziellen Partnern nicht erfolgreich sein sollten. Die Produktionsstätten im Land dienten Nordex als Basis für Geschäfte in ganz Asien. China baut mit Macht eine eigene Windindustrie auf. Binnen weniger Jahre hat sich das Land zum grössten Markt entwickelt. Parallel dazu sackte der einst stolze Auslandsanteil von 60 Prozent ab. Dass China künftig den europäischen und nordamerikanischen Markt mit seinen Anlagen überrollen könnte, erwartet Richterich aber nicht. Er verwies auf «Qualitätsprobleme».
Branchenweite Nachfrage-Flaute
Neben den Schwierigkeiten in China hatte Nordex im vergangenen Jahr auch auf anderen Märkten mit der branchenweiten Nachfrage-Flaute zu kämpfen. Das führte zu einem Umsatzrückgang von 17,8 Prozent auf 972 Millionen Euro. Dank Kostensenkungen blieb das operative Ergebnis mit 40,1 Millionen Euro praktisch konstant, die Marge stieg von 3,5 auf 4 Prozent. Unter dem Strich blieb ein den Aktionären zuzurechnender Gewinn 20,9 Millionen Euro übrig, gut 14 Prozent weniger als 2009.
2011: Stagnierender Umsatz erwartet
In diesem Jahr rechnet Nordex lediglich mit einer Stagnation des Umsatzes. Die Marge will das Unternehmen verteidigen, der Preisdruck wegen hoher Überkapazitäten könnte die Profitabilität aber leicht belasten, hiess es. Aktuell hätten sich die Preise aber auf niedrigem Niveau stabilisiert. Erst 2012 rechnet das Unternehmen mit einer Trendwende und steigenden Umsätzen sowie Ergebnissen. Der Auftragseingang soll bereits 2011 um 20 Prozent auf rund eine Milliarde Euro zulegen, ein Grossteil davon dürfte aber im nächsten Jahr umsatzwirksam werden.
Investitionen in Produktion
Wie viele Konkurrenten hatten auch die Norddeutschen zuletzt kräftig in eine Vergrösserung ihrer Produktion investiert. So ging im vergangenen Jahr ein Werk in den USA in Betrieb. Allerdings brach der dortige Markt wegen schwieriger Förderbedingungen und einem allgemeinen Preisverfall in der Energieerzeugung um rund die Hälfte ein. Die mögliche Beschleunigung der Energiewende in Folge der Atomkatastrophe von Japan werde frühestens in ein bis zwei Jahren für frischen Wind sorgen, sagte Richterich. «Der Vorlauf im Windgeschäft ist immer ziemlich lang.» Dass Japan selbst zu einem bedeutenden Windland wird, erwartet der Nordex-Chef hingegen nicht. «Dazu ist das Land zu dicht besiedelt.»
Effizientere Windmühlen
In diesem Jahr will Nordex vor allem in die Entwicklung seiner Windmühlen investieren. Sie sollen künftig bis zu 20 Prozent mehr Strom aus dem vorhandenen Wind gewinnen als bislang. Damit will die Gesellschaft künftig auch in Schwachwind-Regionen wie Deutschland zulegen. Auf dem Heimatmarkt hatte Nordex 2010 einen Marktanteil von nur 4,6 Prozent. Das war zwar doppelt so viel wie ein Jahr zuvor, europaweit lag der Marktanteil aber bei 8 Prozent. Vorgenommen hat sich Nordex künftig in Europa mehr als 10 Prozent, in Nordamerika und Asien sollen über 5 Prozent aller Windanlagen aus Nordex-Produktion kommen. Im kommenden Jahr wollen die Norddeutschen einen Prototyp für eine Offshore-Anlage fertig stellen. «Wir wollen damit eine Benchmark setzen – unsere Anlage soll 30 Prozent leichter sein und einen um 40 Prozent höheren Energieertrag bringen als bisherige Maschinen», sagte Richterich. Die Serienproduktion soll 2014/15 beginnen. (awp/mc/ps)