Nordkorea provoziert mit neuem Atomtest
Pjöngjang – Nur acht Monate nach seinem vierten Atomversuch hat Nordkorea am Freitagmorgen nach eigenen Angaben erneut einen Atomsprengkörper getestet. Das isolierte Land, das am Freitag den 68. Staatsgründungstag feierte, löste damit einmal mehr internationale Proteste aus.
Bei dem Test sei ein «neu entwickelter Atomsprengkopf» zur Explosion gebracht worden, berichtete das nordkoreanische Staatsfernsehen. Der Test habe den Beweis erbracht, dass Pjöngjang in der Lage sei, einen verkleinerten Atomsprengkopf auf eine Trägerrakete zu montieren, berichtete die Staatsagentur KCNA. Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un hatte bereits im März verkündet, dass das kommunistische Land die Entwicklung kleinerer Atomsprengköpfe standardisiert habe. Nordkorea werde den Ausbau seiner Atomstreitmacht vorantreiben, meldete KCNA.
Von unabhängiger Seite konnten Nordkoreas Angaben zur Bestückung von Raketen mit Atomsprengköpfen nicht bestätigt werden. Experten sind sich einig, dass Nordkorea über mehrere Atomsprengköpfe verfügt. Bislang wurde die Fähigkeit des Landes, eine Interkontinentalrakete mit einem Atomsprengkopf zu bestücken, allerdings angezweifelt.
Erdstösse der Stärke 5,3
Am Freitagmorgen hatten internationale Erdbebenwarten, darunter auch jene in der Schweiz, Erdstösse der Stärke 5,3 im Bereich des nordkoreanischen Atomtestgeländes Punggye-ri registriert, die nach Einschätzung südkoreanischer Experten von einer Bombenexplosion herrühren könnten. Diese Haltung wird auch vom Schweizerischer Erdbebendienst (SED) vertreten. Anhand der Wellenform der seismischen Signale sei erkennbar, dass es sich beim jüngsten Ereignis um eine Explosion gehandelt habe und nicht um ein Erdbeben, meldete der SED am Freitag.
Detonationsstärke von rund 10 Kilotonnen
Dem südkoreanischen Verteidigungsministerium zufolge wurde eine Detonationsstärke von rund zehn Kilotonnen gemessen. Dies wäre der stärkste der bislang fünf nordkoreanischen Atomwaffentests. Zum Vergleich: Die Atombombe, die 1945 über dem japanischen Hiroshima abgeworfen worden war, hatte eine Sprengkraft von rund 15 Kilotonnen.
Auf dem Gelände Punggye-ri hatte Nordkorea im Januar eine Wasserstoffbombe getestet. In den folgenden Monaten setzte sich das Land immer wieder mit Raketentests über ein internationales Verbot hinweg. Erst am Montag hatte Nordkorea erneut Mittelstreckenraketen gestartet.
Obama droht mit Konsequenzen
US-Präsident Barack Obama bekräftigte umgehend die Unterstützung der Verbündeten in der Region. Auch Nordkoreas traditioneller Verbündeter China verurteilte den Test scharf und rief die Führung des Landes zur Zurückhaltung auf. Südkoreas Präsidentin Park Geun Hye warf der Führung des Nordens «manische Rücksichtslosigkeit» vor. Japans Ministerpräsident Shinzo Abe sagte, ein solcher Test könne nicht toleriert werden.
Frankreichs Präsident François Hollande rief den UNO-Sicherheitsrat auf, auf «diese Verletzung seiner Resolutionen» zu reagieren. Auch Russland zeigte sich besorgt und mahnte Nordkorea, die UNO-Resolutionen zu befolgen. Yukiya Amano, Chef der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) bezeichnete den mutmasslich fünften Atomwaffentest Nordkoreas in Genf als «zutiefst beunruhigenden und bedauerlichen Akt».
Ziel USA
Ziel des Machthabers Kim ist es, Atomraketen zu entwickeln, die die USA erreichen können. Erstmals hatte Nordkorea 2006 eine Atombombe getestet. UNO-Resolution verbieten dem Regime Atomversuche und Tests mit ballistischen Trägerraketen. Nach dem Atomtest im Januar dieses Jahres und einen Raketenstart hatte das UNO-Gremium die Sanktionen gegen Pjöngjang noch einmal verschärft. Das Regime hatte daraufhin weitere Atom- und Raketentests angekündigt, die sein souveränes Recht seien. (awp/mc/pg)