Obama drängt Europäer zur Stärkung des Finanzsystem und Wachstums
US-Präsident Barack Obama.
Washington – US-Präsident Barack Obama hat die Europäer zum schnellen und entschlossenen Handeln gegen die Schuldenkrise und eine drohende Rezession aufgefordert. Kurzfristig müsse das Finanzsystem stabilisiert werden, wozu auch gehöre «sobald wie möglich Kapital in die schwachen Banken zu injizieren», sagte Obama am Freitag bei einer spontan einberufenen Pressekonferenz in Washington. Darüber hinaus sei es wichtig, den Wirtschaftsnöten mit Wachstumsprogrammen zu begegnen. «Die gute Nachricht ist, dass es einen Weg aus den Problemen gibt», sagte er.
Obama hob die Bedeutung der europäischen Wirtschaftslage für die Konjunktur in den USA hervor: «Sie ist offensichtlich wichtig für uns, weil Europa unser grösster Handelspartner ist.» Sinke die Nachfrage für Produkte «Made in America» in Paris oder Madrid, dann litten darunter die Hersteller in Industriestädten wie Pittsburgh und Milwaukee. Bereits am Vortag hatte der amerikanische Notenbankchef Ben Bernanke mit ähnlich Worten vor den Gefahren der Schieflage in Europa für die US-Konjunktur gewarnt.
Welt blickt auf Spanien
Für Obama gilt die Wirtschaftslage zu Hause als wahlentscheidend. Wegen der stagnierend hohen Arbeitslosigkeit und mittelprächtiger Zuwächse beim Bruttoinlandsprodukt erklärt die Opposition seine Wirtschaftspolitik als gescheitert. Der designierte Herausforderer bei der Wahl im November, Mitt Romney, positioniert sich gegen Obama zugleich als Wirtschaftsretter. Während das Weisse Haus am Freitag auf Finanzspritzen für strauchelnde Banken in Europa drängte, schaute die Welt gleichzeitg auf die spanische Regierung, die in Kürze beim Euro-Rettungsfonds EFSF einen Antrag auf Hilfe für seine kriselnden Institute stellen könnte. Madrid wies jedoch Berichte zurück, bereits entschieden zu haben, unmittelbar Hilfe aus dem Euro-Rettungsschirm zu beantragen.
Europäische «Wachstums-Agenda»
Neben der Stärkung des Finanzmarktes forderte Obama die Gemeinschaft jenseits des Atlantiks auf, mehr für die Ankurbelung der Konjunktur zu tun. Es sei gut, dass europäische Regierungschefs wie die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel neben der fiskalen Integration auch verstärkt an einer «Wachstums-Agenda» arbeiteten. «Es ist eine positive Sache, dass die Konversation sich in diese Richtung bewegt hat», sagte der US-Präsident. Zugleich warnte er die Griechen eindringlich davor, aus dem Euro auszusteigen und damit die Krise – auch die eigene – zu verschlimmern.
17 Kongresse anstelle von einem
«Je schneller sie agieren und je entschlossener und konkreter ihre Handlungen sind, desto schneller gewinnen die Menschen und Märkte Vertrauen zurück und desto geringer werden die Kosten für die Aufräumarbeiten später sein», sagte Obama an die Adresse europäischer Führer. Gleichzeitig zeigte er Verständnis für die politischen Prozesse in der Eurozone: «Die Herausforderung ist, dass sie 17 Regierungen koordinieren müssen». «Man stelle sich vor, mit 17 Kongressen zu tun zu haben statt nur mit einem», ergänzte er in Bezug auf die eigene Lage. Obama hat derzeit unüberwindbare Probleme, seine eigenen Konjunkturmassnahmen und Jobprogramme im Kapitol absegnen zu lassen. (awp/mc/ps)