OECD rechnet mit globalem Konjunktur-Abschwung
OECD-Generalsekretär Angel Gurría.
Paris – Die Weltwirtschaft befindet sich nach Einschätzung der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) im Zustand erhöhter Unsicherheit. Für dieses Jahr korrigiert die OECD ihre globale Wachstumsprognose von 4,2 auf 3,8 Prozent nach unten. Für 2012 geht die Organisation nur noch von 3,4 Prozent aus. Vor sechs Monaten hatte sie noch mit 4,6 Prozent gerechnet.
Die OECD stellt ihre aktualisierten Projektionen zudem unter den Vorbehalt ungewöhnlich hoher Ereignisrisiken aufgrund der Schuldenkrise im Euroraum und der unsicheren fiskalischen Situation in den USA.
Eurozone rutscht in Rezession ab
Vor allem die Situation in der Eurozone bewertet die OECD kritisch. Der Währungsraum rutscht nach Einschätzung der Organisation in eine neue kurzfristige Rezession. Sowohl in diesem als auch im nächsten Quartal werde die Wirtschaftsleistung der 17 Staaten mit der Gemeinschaftswährung voraussichtlich schrumpfen, heisst es im neuen Konjunkturausblick der Industrieländerorganisation. Erst ab dem zweiten Quartal sei wieder mit positiven Zahlen zu rechnen – und das auch nicht überall.
Minuswachstum auch in Deutschland
Für Deutschland liegt die neue OECD-Wachstumsprognose bei minus 0,6 Prozent für das vierte Quartal 2011 und bei minus 0,3 Prozent für das erste Quartal 2012 – jeweils im Vergleich zum Vorquartal. Für die Euroländer zusammen sind es minus 1,0 beziehungsweise minus 0,4 Prozent. «Die Situation der Weltwirtschaft hat sich seit dem Frühjahrsausblick der OECD deutlich verschlechtert», kommentiert die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. Für das Gesamtjahr 2012 prognostizieren die OECD-Experten in der Eurozone nur noch ein Wirtschaftswachstum von 0,2 Prozent. In den Krisenstaaten ist die Lage noch düsterer. Für Italien wird ein Rückgang des Bruttoinlandsproduktes (BIP) um 0,5 Prozent prognostiziert. Portugal muss sogar mit einem Minus von 3,2 Prozent rechnen. Die Schätzung für Griechenland liegt bei minus 3,0 Prozent. Erst 2013 können die Krisenstaaten wieder auf positive Zahlen hoffen.
Frankreich braucht weiteres Anti-Defizit-Programm
Im ebenfalls hoch verschuldeten Frankreich wird nach Einschätzung der OECD ein weiteres Anti-Defizit-Programm notwendig. Die Experten senkten die Wachstumsprognose von 2,1 auf 0,3 Prozent. Die Regierung selbst rechnete zuletzt mit 1,0 Prozent Wachstum. «Um die Ansteckungsgefahr in der Eurozone einzudämmen, muss der Europäische Rettungsfonds erheblich aufgestockt und die Europäische Zentralbank mit einbezogen werden», forderte Chef-Volkswirt Pier Carlo Padoan am Montag zur Vorstellung des Ausblicks in Paris. «Diese deutlich erhöhte Feuerkraft muss mit Reformen einhergehen, die fahrlässigem Verhalten entgegenwirken.»
Dennoch Optimismus für Deutschland
Relativ optimistisch blickt die OECD unterdessen auf die Lage in Deutschland. Die wirtschaftliche Entwicklung werde zwar bis ins Frühjahr hinein schwach bleiben. Von Mitte 2012 sei dann aber mit einer Erholung zu rechnen. «Im Jahr 2013 dürfte das Wachstum stärker ausfallen als in anderen Mitgliedern des Euro-Raums, nicht zuletzt, da kein nennenswerter Abbau von Privat- und Unternehmensschulden erfolgen muss», schreibt die OECD in ihrem jüngsten Ausblick. Für 2012 rechnet sie mit einem Wachstum von 0,6 Prozent.
Risikofaktor USA
Als weiteren grossen Risikofaktor neben der Eurokrise bezeichnete die OECD die Lage in den USA. «Sollte kein Weg gefunden werden, die Sparmassnahmen abzumildern, die per Gesetz ab 2013 greifen, könnte das die Wirtschaft in eine Rezession stürzen, die durch politische Mittel kaum noch aufzufangen wäre», erklären die Experten. Bislang rechnen sie noch mit einem Wachstum von 2,0 Prozent im Jahr 2012 und 2,5 Prozent im Jahr 2013. (awp/mc/upd/ps)