OECD-Generalsekretär Angel Gurría.
Paris – Während Europa und die USA mit der Schuldenkrise kämpfen, verlagert sich das wirtschaftliche Zentrum der Welt langsam von West nach Ost und von Nord nach Süd. 83 Entwicklungs- und Schwellenländer seien in den vergangenen zehn Jahren mindestens doppelt so schnell gewachsen wie Industriestaaten mit hohem Einkommen, heisst es in einem am Montag in Paris veröffentlichten Bericht der OECD. In den 90er Jahren sei dies gerade mal in zwölf Ländern der Fall gewesen.
«Im vergangenen Jahrzehnt belebte sich die Wirtschaft in den Entwicklungsländern nach ungefähr 20 Jahren der verpassten Chancen und enttäuschenden Leistung», kommentieren die Experten der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD). Vermutlich würden bereits 2030 mehr als drei Milliarden Menschen auf der Welt zur sogenannten globalen Mittelklasse zählen, die von 10 bis 100 US-Dollar pro Tag lebt. Heute seien dies noch rund eine Milliarde Menschen weniger.
Politische Reformen zum Teil mangelhaft
Als Risiko der Entwicklungen sehen die OECD-Experten allerdings die teilweise mangelhaften politischen Reformen in den aufstrebenden Entwicklungs- und Schwellenländern. Höhere Einkommen, mehr Wohlstand und eine bessere Bildung führten nicht automatisch zu mehr Lebenszufriedenheit, bemerken die Autoren der Studie unter Verweis auf Umfragen, die zwischen 2006 und 2010 in Thailand und Tunesien durchgeführt wurden. «Die sozialen und politischen Unruhen der vergangenen Jahre und in den verschiedensten Regionen der Welt zeigen, was uns erwartet, wenn Menschen sich in ihrer Gesellschaft nicht aufgehoben fühlen», kommentierte OECD-Generalsekretär Angel Gurría. Regierungen müssten sich auch um Dinge wie sozialen Zusammenhalt kümmern. (awp/mc/ps)