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Frankfurt – Chinas Wirtschaft steht nach Einschätzung von Experten besser da als zuletzt immer wieder befürchtet. Zwar ist die Wirtschaft der Volksrepublik im vergangenen Jahr mit 6,9 Prozent so langsam wie seit 25 Jahren nicht mehr gewachsen. Doch das ist nach Ansicht so mancher Landeskenner nur Ausdruck des Wandels vom Schwellen- zum Industrieland.
«China blieb allen Unkenrufen zum Trotz auf Kurs», kommentierte Thomas Gitzel, Chefvolkswirt der VP Bank aus Liechtenstein. Im historischen Vergleich sei das Wachstum schwach ausgefallen, es entspreche aber in etwa dem, was sich die Regierung in Peking erhofft habe.
«Bei den Daten zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) sind böse Überraschungen oder gar die gefürchtete harte Landung ausgeblieben», sagte auch Experte Frederik Kunze von der NordLB. Seiner Einschätzung nach ist der Dienstleistungssektor ein bedeutender Motor der konjunkturellen Dynamik. Generell gewinnt der Binnenmarkt in China zunehmend an Bedeutung. Experte Kunze blickt vor diesem Hintergrund «verhalten optimistisch» auf die weitere konjunkturelle Entwicklung in China.
China im Umbau
Im vierten Quartal alleine war die chinesische Wirtschaft laut Regierungsangaben um 6,8 Prozent im Jahresvergleich gewachsen. Volkswirte hatten ein um 0,1 Punkte höheres Wachstum erwartet. Die Börsen in China reagierten dennoch mit kräftigen Kursgewinnen auf die Wachstumsdaten. Auch der deutsche Aktienmarkt setzte am Dienstagmorgen zu einem Befreiungsschlag an.
Einigkeit besteht unter Experten darin, dass die chinesischen Wachstumsdaten ein Beleg der umfassenden Umstellung sind, in der sich die zweitgrösste Volkswirtschaft der Welt befindet. China wandelt sich von einem Schwellenland zu einer modernen Industriegesellschaft.
Verhaltene Aussichten
«Ein Blick auf die einzelnen BIP-Komponenten verdeutlicht die Transformation der chinesischen Wirtschaft hin zu einem mehr Konsum getriebenen Modell», sagte Experte Zhou Hao von der Commerzbank. Seiner Einschätzung nach hat der Konsum 2015 bereits zu zwei Drittel zum Gesamtwachstum beigetragen.
Allerdings zeigte sich Commerzbank-Experte Zhou Hao mit Blick auf die weitere konjunkturelle Entwicklung vergleichsweise pessimistisch. Das Wachstum sei im vergangenen Jahr zwar nicht schlecht ausgefallen, so Zhou Hao. Allerdings würden einzelne Komponenten des Wirtschaftswachstums ein schwächeres Bild zeichnen. Ende 2015 waren in China zahlreiche enttäuschende Konjunkturdaten veröffentlicht worden, die nach Einschätzung des Experten auf einen anhaltenden Abschwung hindeuten.
Beispielsweise fiel die Industrieproduktion im Dezember schwächer als erwartet aus. Ausserdem verlangsamte sich der Zuwachs der Anlageinvestitionen, die Inflation blieb schwach. Ein weiteres Sorgenkind der chinesischen Wirtschaft ist der Bausektor. Hier gebe es trotz eines starken Anstiegs der Immobilienpreise in den Boomregionen des Landes einen Rückgang der Investitionen im Wohnungsbau, so Zhou Hao. (awp/mc/ps)