Hiroyuki Sasa soll Olympus in ruhigere Gewässer führen.
Tokio – Der von einem Bilanzskandal erschütterte japanische Kamerahersteller Olympus will mit einer neuen Führung die schwere Krise überwinden. Bei der ersten Hauptversammlung seit Aufdeckung des milliardenschweren Betrugs wurde der Medizintechnik-Experte Hiroyuki Sasa am Freitag zum neuen Präsidenten gewählt. Die Führung im Verwaltungsrat übernimmt Yasuyuki Kimoto vom Grossaktionär Sumitomo Mitsui Banking. Der im Herbst gefeuerte britische Chef Michael Woodford, dank dessen Einsatz die Affäre erst aufgeflogen war, kritisierte den Neuanfang als halbherzig. Er wurde nicht in den neuen Verwaltungsrat gewählt.
Zu Beginn des Aktionärstreffens in einem Tokioter Hotel entschuldigte sich der bisherige Chef Shuichi Takayama für den Skandal und versprach «drastische Reformen». Er gehört zu den 18 früheren und aktiven Managern und Bilanzprüfern, die Olympus wegen der Bilanzfälschungen auf Schadenersatz verklagte.
Anlageverluste von umgerechnet 1,1 Mrd Euro verschleiert
Der Bilanzbetrug war im vergangenen Oktober aufgedeckt worden. Woodford hatte eigene Nachforschungen angestellt und seine altgedienten Kollegen in der japanischen Firmenspitze mit Fragen zu verdächtig teuren Übernahmedeals konfrontiert. Als er daraufhin gefeuert wurde, ging er mit seinem Verdacht an die Presse – und Olympus musste Schritt um Schritt die Wahrheit offenbaren: Bei den Übernahmedeals waren alte Anlageverluste von 117,7 Milliarden Yen (aktuell 1,1 Mrd Euro) durch überhöhte Preise verschleiert worden. Sieben Hauptfiguren der Affäre wurden festgenommen, darunter der frühere Chef und langjährige Firmenpatriarch Tsuyoshi Kikukawa.
Aufgebrachter Woodford
Woodford sprach nun auf der Hauptversammlung von einer «Schande» und verlangte laut Medienberichten eine Antwort auf die Frage, ob sein Rausschmiss legitim gewesen sei. Sein Anliegen wurde jedoch mit dem Hinweis auf ein von ihm in Grossbritannien angestrengtes Gerichtsverfahren zu seiner Entlassung zurückgewiesen. Woodford hatte zuvor versucht, eine Aktionärsfront für die Rückkehr an die Olympus-Spitze zu organisieren. Doch japanische institutionelle Anteilseigner liessen den rebellischen Briten abblitzen.
Auf dem Aktionärstreffen sprach sich Woodford zudem vergeblich gegen die Berufung von Sasa und Kimoto als neue Top-Manager aus. Auch eine Gruppe ausländischer Anteilseigner zeigte sich laut Medienberichten «enttäuscht». Die Gläubigerbanken hätten die Entscheidung über die neue Managementriege entscheidend beeinflusst, denn der Skandal hat ein tiefes Loch in die Olympus-Bilanz gerissen. In den vergangenen Monaten war immer wieder über eine mögliche Rettungsaktion durch Giganten der japanischen Industrie spekuliert worden.
Sasas Berufung keine Überraschung
Sasas Berufung an die Konzernspitze kommt nicht überraschend, da die Medizintechnik inzwischen zum grössten Bereich von Olympus geworden ist – allerdings auch durch die Übernahmen, bei denen durch überhöhte Preise Bilanzbetrug betrieben wurde. (awp/mc/upd/ps)