Sigmundur David Gunnlaugsson zieht die Konsequenzen aus der Panama Paper-Affäre.
Reykjavic / Panama-Stadt – Die Veröffentlichung der «Panama Papers» fordert ein erstes politisches Opfer: Islands Regierungschef Sigmundur David Gunnlaugsson tritt wegen der Enthüllungen zurück. Weltweit sahen sich Politiker und Prominente gezwungen, Erklärungen zu persönlichen Geschäften abzugeben. In Erklärungsnot gerät auch der neue Fifa-Chef Gianni Infantino.
Aus einem von investigativen Journalisten ausgewerteten Datenleck bei der panamaischen Anwaltskanzlei Mossack Fonseca war hervorgegangen, dass Gunnlaugsson und dessen Frau auf den Britischen Jungferninseln die Briefkastenfirma Wintris gegründet hatten. Nach Angaben der «Süddeutschen Zeitung» hielt diese Firma Anteile an den 2008 zusammengebrochenen Banken des Landes. Gunnlaugsson sei bis 2009 an der Firma beteiligt gewesen. Die Opposition sieht im Gebaren dieser Kanzlei und in Gunnlaugssons Arbeit als Ministerpräsident einen eindeutigen Interessenskonflikt.
Macri dementiert
Der isländische Regierungschef war nicht der einzige hochrangige Politiker, den die «Panama Papers» in Bedrängnis brachten. Auf den Kundenlisten der Anwaltskanzlei Mossack Fonseca fand sich auch Argentiniens Präsident Mauricio Macri, der den Verdacht zurückwies, er habe eine Scheinfirma betrieben. Die von ihm genutzte Firma in Panama habe den Zweck gehabt, in Brasilien zu investieren.
Poroschenkos Finanzen sollen überprüft werden
In der Ukraine kündigte der Fiskus an, die Finanzen von Präsident Petro Poroschenko zu prüfen, nachdem sein Name aufgetaucht war. Die Staatsanwaltschaft hatte jedoch schon signalisiert, sie könne anhand der «Panama-Papers» kein Fehlverhalten sehen.
David Cameron muss reagieren
Auch der britische Premierminister sah sich gezwungen, auf die Enthüllungen zu reagieren. David Cameron wies Berichte über Beteiligungen seiner Familie an Offshore-Konten zurück. «Ich habe keine Beteiligungen im Ausland und keine Unternehmen im Ausland» sagte er bei einer live im Sender BBC übertragenen Veranstaltung in Birmingham. Der Name von Camerons 2010 verstorbenem Vater Ian war in den «Panama Papers» aufgetaucht.
Unterschrift von FIFA-Präsident Infantino
Nach Medienberichten gerät auch der neue Fifa-Präsident Infantino in Erklärungsnot. Wie die «Süddeutsche Zeitung» und Tagesanzeiger.ch/Newsnetz berichten, geht es um Infantinos Zeit beim europäischen Fussballverband Uefa. Damals soll er in dubiose Geschäfte mit einer Briefkastenfirma verstrickt gewesen sein. Infantino wurde Ende Februar als Fifa-Präsident gewählt.
Gemäss den Webseiten der beiden Medien zeichnete Infantino als Direktor der Uefa-Rechtsabteilung Verträge mit einer Briefkastenfirma, deren Eigentümer zwei der heutigen Angeklagten im Fifa-Skandal waren. Die beiden südamerikanischen TV-Rechtehändler erwarben demnach durch diese Verträge TV-Rechte für die Champions League und verkauften diese mit hohem Gewinn in Lateinamerika weiter. Der Zeitung zufolge erklärten Fifa-Sprecher dazu, dass Infantino «persönlich» in seiner Zeit bei der Uefa mit den beiden TV-Rechtehändlern und deren Firma weder «geschäftlich» noch «wissentlich anderweitig zu tun gehabt» habe. Auch die Uefa erklärte zunächst, es gebe keine Verbindung, räumte vor wenigen Tagen jedoch ein, dass der fragliche Vertrag Infantinos Unterschrift trage.
Panama im Visier
Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) hofft nach den Enthüllungen auf ein Umdenken in Ländern wie Panama. «Die Welt erkennt, welches Ausmass ein solcher Missbrauch haben kann», sagte OECD-Generalsekretär José Ángel Gurría nach einem Treffen mit den Vorsitzenden internationaler Wirtschafts- und Finanzorganisationen in Berlin. Der Skandal biete die Möglichkeit, «Druck auszuüben auf Panama, damit sich Panama den anderen Staaten der Welt anschliesst und auf dem Weg der Transparenz Fortschritte macht». Unter anderem weigere sich Panama, dem automatischen Informationsaustausch beizutreten, an dem sich im kommenden Jahr mehr als 90 Länder beteiligen wollen.
US-Präsident Barack Obama sprach von einem «gewaltigen globalen Problem». Auch er forderte mehr internationale Kooperation bei der Bekämpfung der Steuerflucht. Er beklagte, dass reiche Bürger und Unternehmen Schlupflöcher nutzten, zu denen normale Steuerzahler keinen Zugang hätten.
Strafantrag wegen Datenleck
Die Kanzlei Mossack Fonseca geht strafrechtlich gegen die Verantwortlichen des Daten-Lecks vor. «Niemandem gefällt es, bestohlen zu werden», teilte ein Sprecher der Kanzlei der Nachrichtenagentur dpa auf Anfrage mit. «Wir werden unser Möglichstes tun, um die Schuldigen zu bestrafen.»
Das Journalistenkonsortium ICIJ (International Consortium of Investigative Journalists) hatte berichtet, die 2,6 Terabyte Daten seien ihr von einer anonymen Quelle zugespielt worden. Mossack Fonseca geht davon aus, dass ihr Server gehackt wurde. (awp/mc/upd/pg)