Niederlande leiten Untersuchung zu MH17

Mark Rutte

Mark Rutte, Ministerpräsident der Niederlande.

Kiew – Die ersten Opfer des Flugzeugabsturzes in der Ostukraine werden am Mittwoch in den Niederlanden eintreffen. Das Land übernahm am Dienstag offiziell auch die Leitung der internationalen Untersuchung zur Absturzursache von Flug MH17 von Malaysia Airlines. Die Ukraine habe darum gebeten, sagte der niederländische Ministerpräsident Mark Rutte in Den Haag. Die ukrainische Führung in Kiew ordnete eine weitere Teilmobilmachung an, um den Druck auf die prorussischen Separatisten im Osten zu erhöhen.

Ein Kühlzug mit den sterblichen Überresten der Passagiere und Besatzungsmitglieder traf am Dienstag in der ostukrainischen Stadt Charkow ein, die von der Regierung in Kiew kontrolliert wird. Am Flughafen dort stand ein niederländisches Hercules-Transportflugzeug bereit. Nach einer ersten Untersuchung in Charkow sollen alle Opfer gruppenweise nach Eindhoven ausgeflogen und dann in einer Kaserne nahe Amsterdam identifiziert werden.

«Wir wollen das so gut wie möglich und so schnell wie möglich machen», sagte Rutte. Wie lange die Identifizierung dauern wird, ist unklar. «Manchmal geht das schnell, aber es kann auch Wochen oder sogar Monate dauern», sagte der Premier. Allein die Niederlande hatten bei dem Absturz 193 Tote zu beklagen.

Flugeschreiber an malaysische Delegation übergeben
Der Sonderzug war am Montagabend in der Stadt Tores nahe der Absturzstelle abgefahren. Nach Angaben Ruttes waren auch die Flugschreiber der Boeing im Zug. Die Separatistenführung in Donezk hatte die Blackboxes in der Nacht an eine Delegation aus Malaysia übergeben. Separatistenführer Alexander Borodaj bestritt erneut, dass Aufständische das Flugzeug abgeschossen hätten. «Wir haben nicht die technische Fähigkeit, dieses Flugzeug zu zerstören.»

Nach westlichen Vermutungen wurde Flug MH17, der von Amsterdam nach Kuala Lumpur gehen sollte, am vergangenen Donnerstag von Separatisten mit einer Boden-Luft-Rakete abgeschossen. Moskau wird für das Verhalten der Separatisten verantwortlich gemacht. Russische Firmen und andere Geldgeber der Separatisten sollen noch vor Monatsende auf eine schwarze Liste der EU gesetzt werden. Sie sei in Arbeit, aber noch nicht fertig, sagten Diplomaten.

Scharfe Kritik an Russland – neue Sanktionen in Vorbereitung
Die EU-Aussenminister in Brüssel kritisierten Russland scharf. «Russland hat seine Verabredungen nicht in dem erforderlichen Masse erfüllt», sagte der deutsche Minister Frank-Walter Steinmeier (SPD). Die EU sei bereit, mit allen diplomatischen Mitteln zu einer Entschärfung der Krise beizutragen. «Aber es wird notwendig sein, diese Bereitschaft zu begleiten durch höheren Druck, das heisst auch in schärfere Massnahmen einzutreten.» Russland habe seine Grenze zur Ukraine nicht für Waffen und Kämpfer geschlossen.

Poroschenko ordnet Teilmobilmachung an
Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko begründete die Teilmobilmachung damit, dass die nationale Unabhängigkeit gesichert werden müsse. Das Parlament bestätigte seinen Erlass, weitere Reservisten und Männer im wehrdienstfähigen Alter einzuberufen. In Kiew wurde allerdings nicht erwartet, dass tatsächlich viel mehr Männer zum Militär gehen werden. Mit den zusätzlichen Kräften will Poroschenko härter gegen die Separatisten vorgehen.

Putin will auf Separatisten einwirken
Der russische Präsident Wladimir Putin verlangte von Kiew eine Feuerpause, solange in der Ostukraine nach der Absturzursache gesucht wird. Bei einer Sitzung des nationalen Sicherheitsrates in Moskau sagte Putin, Russland versuche auf die Separatisten einzuwirken, damit diese eine vollständige Aufklärung ermöglichen. Poroschenko hatte am Montag eine Waffenruhe verkündet, die auf 40 Kilometer im Umkreis um die Absturzstelle gelten sollte. Am Rande dieser Zone gab es allerdings heftige Gefechte, auch in der Grossstadt Donezk.

In der Nacht auf Dienstag hatte der UN-Sicherheitsrat per Resolution eine unabhängige Untersuchung des mutmasslichen Abschusses gefordert. Alle 15 Mitglieder des Gremiums einschliesslich Russlands stimmten bei einer kurzfristig einberufenen Sitzung am Montag in New York zu. Die Internationale Zivilluftfahrtorganisation ICAO solle bei der Untersuchung eine «zentrale Rolle» spielen. In Warschau äusserten sich die Präsidenten der ostmitteleuropäischen Staaten am Dienstag besorgt über die Sicherheitslage in ihrer Region. (awp/mc/pg)

Exit mobile version