Washington – In den USA befeuert ein neues Medikament des Pharmariesen Pfizer Hoffnungen, in Zukunft schwere Erkrankungen nach Infektionen mit dem Coronavirus weitgehend vermeiden zu können. Das Risiko lebensgefährlicher Verläufe der Lungenkrankheit Covid-19 habe sich bei dafür anfälligen Erwachsenen um 89 Prozent verringert, wenn sie die Arznei einnehmen, teilte Pfizer am Freitag mit.
US-Präsident Joe Biden kündigte an, die USA hätten Millionen Einheiten des Medikaments reserviert, obwohl es noch nicht offiziell zugelassen ist. Auch Grossbritannien sicherte sich erste Chargen der Arznei. Pfizer-Aktien reagierten mit einem Kurssprung.
Behandlung für Infizierte
«Falls die (Arzneimittelbehörde) FDA das zulässt, können wir bald Pillen haben, mit denen Infizierte behandelt werden können», sagte Biden. «Die Therapie wird ein weiteres Instrument in unserem Werkzeugkasten sein, um die Menschen vor den schlimmsten Auswirkungen der Pandemie zu schützen.»
Der britische Gesundheitsminister Sajid Javid sprach von «unglaublichen Ergebnissen» der Pfizer-Studie. Ein US-Regierungsvertreter sagte, zusammen mit der Freigabe von Impfstoffen für Kinder im Alter zwischen fünf und elf Jahren könne die Pfizer-Pille ein Wendepunkt im Kampf gegen Corona sein.
Bis Ende 2022 will Pfizer Millionen Pillen produzieren. Die Aktien des Arzneimittelherstellers reagierten an der Wall Street mit einem Kurssprung und verteuerten sich um acht Prozent auf 47,38 Dollar, Anteilsscheine von Konkurrenten gaben deutlich nach. Aber auch Aktien von Fluggesellschaften und Kreuzfahrt-Unternehmen legten in der Hoffnung auf ein wirksames Corona-Medikament zu.
Studie vorzeitig beendet
Den vorläufigen Ergebnissen zufolge ist die Pille wirksamer als das Medikament Molnupiravir des US-Rivalen Merck, das in ähnlichen Tests das Risiko halbiert hatte. Die Studie mit rund 1200 Probanden sei vorzeitig beendet worden, erklärte Pfizer. Man werde die Daten nun bei der FDA einreichen. Einen Antrag auf Notfallzulassung des Mittels hatte der Konzern schon im Oktober gestellt.
«Diese Daten deuten darauf hin, dass unser oraler antiviraler Arzneimittelkandidat, wenn er von den Behörden zugelassen wird, das Potenzial hat, das Leben von Patienten zu retten, den Schweregrad von Covid-19-Infektionen zu verringern und bis zu neun von zehn Krankenhausaufenthalten zu vermeiden», sagte Pfizer-Chef Albert Bourla. Die Produktion solle nun hochgefahren werden.
Die Pille wird in Kombination mit einem älteren antiviralen Mittel namens Ritonavir verabreicht. Die Kombinationsbehandlung mit dem Markennamen Paxlovid besteht aus drei Tabletten, die zweimal täglich eingenommen werden müssen. Das Medikament, das zu einer Klasse von Proteasehemmern gehört, soll ein Enzym blockieren, das das Coronavirus zur Vermehrung benötigt. Die Merck-Pille Molnupiravir hat einen anderen Wirkmechanismus, der darauf abzielt, Fehler in den Gencode des Virus einzuschleusen.
Experten für Infektionskrankheiten haben bislang betont, dass Impfungen der beste Weg zur Bekämpfung der Pandemie sei. In den USA sind allerdings nur 58 Prozent der Bevölkerung vollständig geimpft. In vielen Ländern der Welt ist der Zugang zu den Vakzinen zudem begrenzt. (awp/mc/pg)