Amsterdam – Der angeschlagene Medizintechnikhersteller Philips will durch einen weiteren massiven Stellenabbau in den kommenden Jahren die Profitabilität kräftig steigern. Der niederländische Konzern steht seit einiger Zeit wegen teurer Probleme mit bestimmten Beatmungsgeräten unter Druck und muss sparen. Im vergangenen Jahr verbuchte der Konkurrent von Siemens Healthineers wegen hoher Rückstellungen und Abschreibungen in dem Bereich einen Milliardenverlust. Dabei konnte Philips das letzte Quartal zumindest versöhnlich abschliessen.
Zusätzlich zu dem bereits im Oktober angekündigten Abbau von rund 4000 Stellen sollen nun 6000 weitere gestrichen werden, wie Philips am Montag in Amsterdam bei der Vorlage der Zahlen für das vergangene Jahr mitteilte. Ende September vergangenen Jahres hatte Philips etwas mehr als 79 000 Mitarbeiter beschäftigt.
Stärkeres Wachstum angestrebt
Mit dem Sparkurs soll die zuletzt niedrige operative Rendite wieder in den zweistelligen Bereich getrieben werden. Neben den Kosteneinsparungen will Philips dies auch durch ein wieder stärkeres Wachstum erreichen. Die Hälfte der Stellen sollen im laufenden Jahr wegfallen. Die Kosten bezifferte das Unternehmen auf rund 300 Millionen Euro in den kommenden Quartalen.
Hohe Inflation und Lieferkettenprobleme
Wie andere Konzerne auch leidet Philips unter der hohen Inflation sowie Lieferkettenproblemen. Dazu kämpfen die Niederländer weiter mit dem Rückruf und dem Austausch bestimmter Beatmungsgeräte und haben dafür bereits Rückstellungen von 885 Millionen Euro vorgenommen. Im Schlussquartal kamen jetzt noch einmal 85 Millionen Euro obendrauf. Dazu hat der Konzern inzwischen mehr als eine Milliarde auf die problematische Sparte abgeschrieben. Im Juni 2021 hatte die US-Tochter Philips Respironics bestimmte Schlaf- und Beatmungsgeräte zurückgerufen, weil sich ein Teil aus Polyurethanschaum zersetzen könnte.
Versöhnlicher Abschluss
Der Medizintechnikhersteller konnte das rabenschwarzes Jahr aber zumindest mit einem versöhnlichen vierten Quartal abschliessen. In den letzten drei Monaten fielen Umsatz und operatives Ergebnis deutlich besser aus als von Experten erwartet. Kosten für den angekündigten Stellenabbau und Konzernumbau sowie der Rückruf drückten den Konzern allerdings abermals in die roten Zahlen. Unter dem Strich stand im vierten Quartal ein Minus von 105 Millionen Euro.
Höherer Umsatz
Der Umsatz legte um knapp zehn Prozent auf 5,4 Milliarden Euro zu – bereinigt um Sondereffekte wie Währungsschwankungen habe das Plus bei drei Prozent gelegen. Analysten hatten dagegen mit einem leichten Umsatzrückgang gerechnet. Den um Sondereffekte bereinigten Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen auf immaterielle Güter (Ebita) konnte Philips überraschend leicht steigern. Hier hatten die von Bloomberg befragten Experten einen deutlichen Rückgang erwartet.
Im Gesamtjahr 2022 legte der Erlös um vier Prozent auf 17,8 Milliarden Euro zu. Hier profitierte Philips aber vom schwachen Euro, durch den der ausserhalb der Eurozone erwirtschaftete Umsatz rechnerisch höher ausfiel. Auf vergleichbarer Basis ging der Erlös um drei Prozent zurück. Der operative Gewinn fiel um 36 Prozent auf 1,3 Milliarden Euro. Wegen der Abschreibungen in der problematischen Schlaf- und Beatmungssparte und den Kosten für den Konzernumbau fiel ein Verlust von 1,6 Milliarden Euro nach einem Überschuss von 3,3 Milliarden Euro im Jahr 2021 an.
Bei den Lieferketten sieht Philips inzwischen eine Entspannung der Lage. Für das laufende Jahr erwartet das Unternehmen ein vergleichbares Umsatzwachstum im niedrigen einstelligen Prozentbereich. Die bereinigte operative Marge soll im hohen einstelligen Prozentbereich liegen.
Aktie deutlich im Plus
Die Aktie stieg am späten Vormittag um mehr als sieben Prozent. Im noch laufenden Jahr kommt das Papier auf ein Plus von fast einem Fünftel. Das ändert aber nichts an der Tatsache, dass Philips in den vergangenen zwölf Monaten an der Börse massiv an Wert verloren hat – so steht in diesem Zeitraum ein Minus von mehr als 40 Prozent zu Buche. Auf drei Jahre gesehen ist die Bilanz mit einem Minus von gut 60 Prozent sogar noch verheerender. (awp/mc/pg)