Portugal-Krise überschattet EU-Gipfel

Angela Merkel

Bundeskanzlerin Angela Merkel.

Frankenfurt am Main – Die Regierungskrise in Portugal holt das Schuldendebakel mit Macht zurück auf die Tagesordnung der EU. Auf den Finanzmärkten und bei Volkswirten wächst die Überzeugung, dass das hochverschuldete südeuropäische Land schon in den nächsten Monaten Hilfen der EU-Partner benötigt – als drittes Land nach Griechenland und Irland. Die Sorge vor einer drohenden portugiesischen Staatspleite belastete auch den EU-Gipfel, der in Brüssel ein historisches Paket zur Stabilisierung des Euro beschliessen soll.

«Es ist kaum davon auszugehen, dass Portugal bis zu den Neuwahlen ohne fremde Hilfe auskommen wird», schrieb Commerzbank-Volkswirt Christoph Weil am Donnerstag in einer aktuellen Studie. Nach Einschätzung seines Kollegen Thomas Amend vom Bankhaus HSBC Trinkaus würde dies am Markt aber nicht nur negativ gesehen, weil mit Rettungshilfen für Portugal auch ein höheres Mass an Sicherheit verbunden sei.

Euro kurz unter Druck
Der Devisenmarkt reagierte dementsprechend entspannt auf den Rücktritt von Portugals Regierungschef José Sócrates am Vorabend. Der Euro geriet nur kurzzeitig unter Druck und drehte im Tagesverlauf ins Plus. Am Mittag notierte die Gemeinschaftswährung deutlich über 1,41 Dollar. Auch die Konditionen, zu denen sich Portugal Kapital beschaffen kann, verschlechterten sich nicht weiter. Die Rendite für zehnjährige Anleihen Portugals lag am Donnerstag bei knapp 7,5 Prozent. Allerdings war dieser Wert an den Vortagen kräftig gestiegen – weil sich das Scheitern des neuerlichen Sparpakets im hoch verschuldeten Land schon abgezeichnet hatte. Zum Vergleich: Die als besonders sicher geltenden deutschen Bundesanleihen rentierten am Donnerstag mit rund 3,2 Prozent.

Hohe Zinsen belasten
Portugals Regierungschef wollte mit dem Sparprogramm das ausufernde Defizit seines Landes in den Griff bekommen. Geplant war, die Neuverschuldung in diesem Jahr von 7,3 Prozent der Wirtschaftsleistung (2010) auf 4,6 – und in den beiden Folgejahren auf 3,0 und 2,0 Prozent zu drücken. Die Spielregeln der Währungsunion erlauben maximal 3 Prozent. Zusätzlich belastet wird das Land von den hohen Zinsen, die für neue Schulden aufgewendet werden müssen.

«Ansteckungsgefahren für andere Länder»
Finanzhilfen der EU-Partner und des Internationalen Währungsfonds wären allerdings an strikte Auflagen gebunden – an solch ein Sparprogramm, das jetzt in Lissabon im Parlament verhindert wurde. Commerzbank-Volkswirt Weil ist sich dennoch sicher, «dass die Euroländer Portugal nicht im Regen stehen lassen werden». Er weist auf mögliche «Ansteckungsgefahren für andere Länder» hin. Gemeint ist vor allem der grosse Nachbar Portugals, Spanien.

Kreditwürdigkeit herabgestuft
Die US-Ratingagentur Moody’s hatte erst vor gut einer Woche die Kreditwürdigkeit Portugals um zwei Stufen und die Spaniens um eine Note gesenkt. Zusätzlich erschwert wird die Lage durch die Europäische Zentralbank (EZB), die nach Angaben vom Montag in der vergangenen Woche zum dritten Mal in Folge keine Staatsanleihen mehr gekauft hat. Den Ankauf von Staatsanleihen hatte die EZB im Mai 2010 zur Stützung der Anleihemärkte beschlossen; allerdings machen die Währungshüter immer wieder deutlich, dass dies nur eine vorübergehende Aktion sein soll. Bei irischen Staatsanleihen bleibt die Lage unterdessen weiter deutlich angespannter. Hier erhöhte sich die Rendite leicht auf rund 9,7 Prozent. Bei spanischen Titeln ergab sich unterdessen mit knapp 5,2 Prozent keine Änderung. (awp/mc/upd/ss)

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