PSA und Fiat Chrysler: Ein neuer Autogigant entsteht

PSA und Fiat Chrysler: Ein neuer Autogigant entsteht
PSA-Chef Carlos Tavares. (Foto: PSA)

Paris – PSA und Fiat Chrysler bereiten eine Mega-Fusion vor. Sie wollen den viertgrössten Autohersteller der Welt mit riesigen Produktions- und Absatzzentren in Europa und Amerika schmieden. Beide verständigten sich auf offizielle Fusionsgespräche, wie die Konzerne in einer gemeinsamen Erklärung am Donnerstag mitteilten.

Der neue Konzern könne 8,7 Millionen Fahrzeugen pro Jahr absetzen. Nur noch Volkswagen , Toyota und der französisch-japanische Renault -Nissan -Verbund wären grösser als der neue Auto-Gigant. Er käme auf einen Jahresumsatz von 170 Milliarden Euro und einen jährlichen Betriebsgewinn von mehr als 11 Milliarden Euro – ohne die Marken der Zulieferer Magneti Marelli und Faurecia. Beschäftigt würden rund 400 000 Menschen, wie das französische Wirtschafts- und Finanzministerium ergänzte.

Spareffekte von 3,7 Mrd Euro jährlich
Die Konzerne versicherten, dass sich mit einer Fusion Spareffekte in Höhe von 3,7 Milliarden Euro erzielen liessen, ohne eine Fabrik zu schliessen. Die Effizienzgewinne, die sich etwa aus Einsparungen beim gemeinsamen Einkauf ergäben, liessen sich nach vier Jahren zu 80 Prozent heben. Allerdings wird die angepeilte Fusion auch richtig Geld kosten: PSA und Fiat Chrysler rechnen mit einmaligen Kosten von 2,8 Milliarden Euro.

Branche unter Druck
Der Zusammenschluss der Superlative ist kein Zufall, denn die Branche steht unter einem enormen Druck. Autobauer müssen Milliarden in autonome Autos und Elektromobilität investieren. In der Branche wurde immer wieder auf die besonderen Probleme von Fiat Chrysler hingewiesen. Der Hersteller hatte unter der Führung des verstorbenen Sergio Marchionne auf grosse Investitionen in Elektroantriebe verzichtet. Derzeit ist der Konzern vor allem mit den grossen Spritschluckern der Marken Jeep und Ram in den USA erfolgreich.

Nun ist FCA tief in die roten Zahlen gefahren. Im dritten Quartal lag der Verlust des Konzerns unter dem Strich bei 179 Millionen Euro. Im Vorjahreszeitraum hatte Fiat Chrysler noch einen Gewinn von 564 Millionen Euro verbucht. In der kriselnden Europasparte fielen Abschreibungen auf das Modellangebot bei Kleinwagen und bei Alfa Romeo ins Gewicht. Zudem gab es in Europa, beim Luxusautobauer Maserati und in Asien operative Verluste. Das starke Nordamerikageschäft konnte das nicht wettmachen.

Peugeot bei Hybrid- und Batterie-Fahrzeugen mit Vorsprung
Es ist vor allem das gut ausgebaute Vertriebsnetz in Nordamerika, das FCA in den gemeinsamen neuen Konzern mit einbringen kann. Es würde den Markteinstieg von Peugeot in Amerika erheblich erleichtern. PSA ist dafür in Europa stärker. Auch bei der Entwicklung von Hybrid- und Batterie-Fahrzeugen sind die Franzosen weiter als die Italoamerikaner.

PSA-Chef soll Vorstandsvorsitzender werden
Im neuen Unternehmen wird ein Zusammenschluss «unter Gleichen» mit einem ausgewogen besetzten Vorstand angestrebt. PSA-Chef Carlos Tavares (61) soll Vorstandsvorsitzender werden. Der Portugiese hat sich als knallharter Sanierer sowohl bei Peugeot als auch bei der Tochter Opel einen Namen gemacht. Der FCA-Verwaltungsratsvorsitzende John Elkann (43) würde diese Rolle auch bei dem neuen Unternehmen einnehmen. Er ist der Enkel das legendären Fiat-Bosses Giovanni «Gianni» Agnelli (1921-2003) und Ururenkel des Fiat-Gründers Giovanni Agnelli senior (1866-1945). Das italienische Traditionsunternehmen war 2014 in Fiat Chrysler Automobiles aufgegangen.

PSA führt neben Opel die Marken Peugeot, DS und Citroën. Fiat Chrysler umfasst die Marken Alfa Romeo, Chrysler, Dodge, Jeep, Lancia oder Maserati. Opel gehört seit gut zwei Jahren zu PSA und wird mit harter Hand auf Effizienz und Gewinne getrimmt.

PSA-Aktienkurs gibt deutlich nach
Die Märkte reagierten am Donnerstag uneinheitlich auf die Ankündigung. Die FCA-Papiere am der Böse in Mailand gingen weiter nach oben. Die PSA-Anleger jedoch reagierten ernüchtert: Der Aktienkurs fiel kräftig.

Frankreich fordert Erhaltung aller industriellen Standorte
Frankreich begrüsst die Fusionspläne ausdrücklich. «Das ist eine gute Nachricht für die französische Industrie, das ist eine gute Nachricht für die europäische Industrie», erklärte Wirtschafts- und Finanzminister Bruno Le Maire. Er verlangte aber, alle industriellen Standorte im Land zu erhalten. Der französische Staat als Anteilseigner von PSA werde auch bei der Beschäftigung sehr wachsam sein. Die französischen Gewerkschaften FO und CFTC betrachten laut Nachrichtenagentur AFP die Fusion eher als «Chance», während sich die Hardliner-Gewerkschaft CGT beunruhigt zeigte.

In Rom sagte der italienische Ministerpräsident Giuseppe Conte, dass es sich um eine «Marktoperation» handele. «Ich kann das Abkommen nicht beurteilen, aber was der Regierung am Herzen liegt ist, dass das Produktions- und Beschäftigungsniveau in Italien gesichert ist», sagte Conte. Die Bürgermeisterin der Fiat-Stadt Turin, Chiara Appendino, sagte, die Kommune verfolge die Entwicklung «mit grosser Aufmerksamkeit». (awp/mc/pg)

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