Putin: Höhepunkt der Wirtschaftskrise überwunden
Russlands Präsident Wladimir Putin. (Foto: Presidential Press and Information Office)
Moskau – Die russische Wirtschaft hat nach Ansicht des russischen Präsidenten Wladimir Putin die Talsohle durchschritten. «Der Rubel hat sich stabilisiert und ist stärker geworden», sagte Putin am Donnerstag während einer live im Fernsehen übertragenen Fragerunde.
Wie in den Vorjahren stellte sich Putin in der rund vierstündigen TV-Sendung den Fragen seiner Landsleute. Mehr als drei Millionen Fragen waren eingegangen. Dabei ging es unter anderem um die Sorgen von Kleinsparern und die Nöte der Landwirte.
Russland ist wegen des niedrigen Ölpreises und der Sanktionen des Westens im Zuge des Ukraine-Konflikts in eine schwere Krise gestürzt. Der Rubel verlor binnen eines Jahres die Hälfte seines Wertes.
Für das laufende Jahr rechnet die Regierung mit einem Rückgang der Wirtschaftsleistung um drei Prozent. Im Dezember hatte Putin erklärt, die Wirtschaftskrise in seinem Land könne binnen zwei Jahren überwunden werden.
«Experten glauben, dass wir den Höhepunkt der Krise überwunden haben», sagte Putin nun am Donnerstag. Die Erholung könne schneller eintreten als erwartet. Am Mittwoch war der Rubel auf den höchsten Wert seit November gestiegen, ein Dollar kostete weniger als 50 Rubel.
Die Regierung habe in der Krise «höchst professionell» agiert, sagte Putin. Drängende Probleme wie die steigende Inflation, die hohe Arbeitslosigkeit und die Kapitalflucht, nannte der Kreml-Chef «nicht katastrophal». Ziel der Regierung sei es, die derzeitige Krise mit «minimalen Verlusten» zu überstehen.
Wohl keine Aufhebung von Sanktionen
Mit einer Aufhebung der von den USA und der EU wegen des Ukraine-Konflikts verhängten Strafmassnahmen rechnet Putin nach eigenen Worte aber nicht. Es handle sich um «politische» Massnahmen.
Russland müsse dies zum eigenen Vorteil nutzen und als Motor für Reformen betrachten. So profitiere die Landwirtschaft vom Importstopp für Lebensmittel aus der EU und den USA, den Moskau als Reaktion auf die Wirtschaftssanktionen verhängt hatte.
Putin forderte vom Westen mehr Respekt für die Interessen Russlands. Die USA wollten aber keine Verbündeten. «Als Supergrossmacht brauchen sie Vasallen», sagte er. Washington versuche, der ganzen Welt sein politisches und wirtschaftliches Modell aufzuzwingen. Auch die UdSSR habe dies in Osteuropa versucht – das sei aber ein Fehler gewesen.
Rechtfertigung der Lieferung an Iran
Putin nahm auch zu aussenpolitischen Fragen Stellung. So verteidigte er die Ausfuhrgenehmigung für das russische Luftabwehrsystem S-300 an den Iran gegen Kritik des Westens. Die Anlage «gefährdet Israel absolut nicht», sagte Putin.
«Der Iran demonstriert (im Atomstreit) eine grosse Flexibilität und den offenen Wunsch zum Kompromiss», meinte Putin im Staatsfernsehen. Der Konflikt sei bis auf «einige technische Fragen» beigelegt. Deswegen sehe er keinen Grund, das vor Jahren für 900 Millionen US-Dollar bestellte Raketensystem nicht an den Iran zu verkaufen.
Kein neues Imperium
Vorwürfe des Westens, der Kreml wolle ein neues Imperium aufbauen, wies Putin in der Fragerunde zurück. «Ich will betonen: Wir haben keine Ziele einer Wiedergeburt des Imperiums, bei uns gibt es keine imperialen Ambitionen.»
Allerdings sei eine Zusammenarbeit im postsowjetischen Raum nötig, damit sich der Lebensstandard der Menschen verbessere. Putin hatte den Zerfall der Sowjetunion vor mehr als 20 Jahren einst als grösste geopolitische Katastrophe des Jahrhunderts bezeichnet.
Der Kremlchef kritisierte eine Gleichsetzung von Nationalsozialismus und Stalinismus, wie dies Papst Franziskus vor kurzem getan hatte. Ein solcher Vergleich sei schon deswegen unmöglich, weil ein offenes Ziel des Nazismus die Ausrottung etwa von Juden und Slawen gewesen sei. Auch wenn man «die Hässlichkeit der Stalin-Ära» bedenke, habe sich das damalige Regime nie den Völkermord zum Ziel gesetzt. (awp/mc/ps)