Putin: Ukraine wird von den USA gelenkt – Russland testet seine Nuklearstreitkräfte

Russlands Präsident Wladimir Putin.

Moskau – Die Ukraine hat nach Ansicht von Kremlchef Wladimir Putin ihre Souveränität als Staat «faktisch» verloren und die Steuerung des Landes den USA überlassen. Die USA nutzten die Ukraine heute als «Rammbock» gegen Russland und den postsowjetischen Raum, sagte Putin am Mittwoch bei einer Sitzung von Vertretern der staatlichen Sicherheitsorgane der Länder der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS).

Zu den GUS-Mitgliedern gehören unter anderem die früheren Sowjetrepubliken Belarus und Armenien, die zentralasiatischen Staaten Kasachstan und Kirgistan. Er forderte die Geheimdienste der Länder auf, wachsam zu sein.

Neue Behauptungen zu «schmutziger Bombe»
Die USA würden die Ukraine immer mehr mit schweren Waffen ausrüsten und dabei ignorieren, dass das Land nach einer Atombombe strebe. «Es ist auch bekannt, dass es Pläne gibt für eine Provokation, eine so sogenannte schmutzige Bombe einzusetzen», behauptete der 70-Jährige. Die russische Führung behauptet seit Tagen immer wieder, dass die Ukraine den Einsatz einer solchen radioaktiv verseuchten Bombe plane, ohne dafür Beweise vorzulegen.

Die Ukraine weist diese Anschuldigungen als «Unsinn» und Desinformationskampagne Putins zurück. Auch der Westen sieht keine Hinweise darauf.

Russland im Gespräch mit IAEA?
Der russische Verteidigungsminister Sergej Schoigu telefonierte ungeachtet dessen weiter mit seinen Kollegen etwa in China und Indien, um auf eine solche Gefahr hinzuweisen. Der Kreml teilte mit, dass Moskau dazu auch im Gespräch mit der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) sei. Die Ukraine hatte IAEA-Experten eingeladen, sich selbst im Land von der Haltlosigkeit der russischen Anschuldigungen zu überzeugen.

Eine «schmutzige Bombe» besteht aus radioaktivem Material, das mit konventionellem Sprengstoff freigesetzt wird. Im Unterschied zu einer Atombombe kommt es zu keiner nuklearen Kettenreaktion. Russland hatte die Vorwürfe am Sonntag publik gemacht, die Ukraine sowie die USA, Frankreich und Grossbritannien wiesen diese zurück. Vielmehr sieht sich Russland dem Verdacht ausgesetzt, selbst den Einsatz einer «schmutzigen Bombe» in der Ukraine vorzubereiten.

Russland testet seine Nuklearstreitkräfte
Praktisch gleichzeitig mit Putins Aussagen testete Russland mit dem Abschuss von Interkontinentalraketen die Einsatzbereitschaft seiner strategischen Atomstreitkräfte. Das mehrtägige Manöver war erwartet worden und löste deshalb trotz der internationalen Spannungen wegen des russischen Angriffskriegs in der Ukraine keine Besorgnis bei westlichen Militärs aus. Es war bereits das zweite grosse Manöver dieser Art in diesem Jahr. Im Zuge seines Krieges in der Ukraine hatte Putin die Atomwaffen als Warnung an die Nato, sich nicht einzumischen, auch in erhöhte Alarmbereitschaft versetzt. Die Nato übt derzeit ebenfalls in dem Manöver «Steadfast Noon» die Verteidigung des europäischen Bündnisgebiets mit Atomwaffen.

Nach russischen Militärangaben schoss das Atom-U-Boot «Tula» in der arktischen Barentssee am Mittwoch eine Interkontinentalrakete des Typs Sinewa auf ein Ziel auf der fernöstlichen Halbinsel Kamtschatka ab. Eine weitere Interkontinentalrakete wurde in Plessezk in Nordrussland gestartet. Die Ziele auf der Kamtschatka seien getroffen worden, hiess es. Ausserdem seien zwei nuklear bestückbare Langstreckenbomber Tu-95 im Einsatz gewesen.

Nato lässt sich nicht einschüchtern
Die atomaren Drohungen Russlands werden die Nato nach Angaben von Generalsekretär Jens Stoltenberg nicht von einer weiteren Unterstützung der Ukraine abhalten. Das Bündnis lasse sich nicht einschüchtern oder davor abschrecken, das Selbstverteidigungsrecht der Ukraine solange wie nötig zu unterstützen, sagte der Norweger am Mittwoch bei einer Pressekonferenz mit Rumäniens Regierungschef Nicolae Ciuca. Die ukrainischen Streitkräfte würden jede Woche stärker und besser ausgestattet.

Als ein Ziel der Unterstützung der Ukraine nannte Stoltenberg, das Land für spätere Verhandlungen mit Russland so gut wie möglich aufzustellen. «Die meisten Kriege enden am Verhandlungstisch und gleichzeitig wissen wir, dass das, was die Ukraine am Verhandlungstisch erreichen kann, völlig von der Stärke auf dem Schlachtfeld abhängt», erklärte er. Je stärker die Ukraine auf dem Schlachtfeld sei, desto wahrscheinlicher sei eine politische Lösung, die ein Überleben der Ukraine als souveräne unabhängige Nation in Europa gewährleiste.

Wichtig ist dies nach Angaben von Stoltenberg auch für die Nato. Ein Sieg von Russlands Präsident Wladimir Putin wäre eine Katastrophe für die Ukrainer, aber es würde auch die Nato-Verbündeten verletzlicher machen, weil der Kreml-Chef dann schlussfolgern würde, dass er seine Ziele mit militärischer Gewalt erreichen könne. Dies könnte dann auch für andere autoritäre Führer in der Welt eine Lehre sein, ergänzte Stoltenberg. (awp/mc/pg)

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