Reisekonzern FTI meldet Insolvenz an – Künftige Reisen abgesagt
München – Europas drittgrösster Reisekonzern FTI ist in die Pleite gerutscht. Die FTI Touristik GmbH, Obergesellschaft der FTI Group, stelle am Montag beim Amtsgericht München einen Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens, teilte das Unternehmen mit.
«Derzeit wird mit Hochdruck daran gearbeitet, dass die bereits angetretenen Reisen auch planmässig beendet werden können». Noch nicht begonnene Reisen würden voraussichtlich ab Dienstag (4. Juni) nicht mehr oder nur teilweise durchgeführt werden können.
Weitere Konzernmarken folgen
Vom Insolvenzantrag unmittelbar betroffen ist den Angaben zufolge zunächst nur die Veranstaltermarke FTI Touristik. In der Folge würden aber auch für weitere Konzerngesellschaften entsprechende Anträge gestellt.
Buchungszahlen deutlich hinter den Erwartungen
Eigentlich schien die Zukunft des Unternehmens gesichert, das in der Corona-Krise insgesamt 595 Millionen Euro staatliche Hilfe aus dem Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) bekommen hatte. Ein Konsortium unter Führung des US-Finanzinvestors Certares wollte die FTI Group für einen Euro übernehmen und 125 Millionen Euro frisches Kapital in das Unternehmen stecken. Die Wettbewerbshüter mussten dem Deal noch zustimmen.
Den Angaben zufolge sind jedoch die Buchungszahlen zuletzt deutlich hinter den Erwartungen zurückgeblieben. «Hinzu kam, dass zahlreiche Lieferanten auf Vorkasse bestanden haben. In der Folge kam es zu einem erhöhten Liquiditätsbedarf, welcher bis zum Closing des Investorenprozesses nicht mehr überbrückt werden konnte», teilte FTI mit. Dem «Handelsblatt» zufolge soll sich bei FTI kurzfristig eine Deckungslücke in Höhe eines zweistelligen Millionenbetrages aufgetan haben. Die Bundesregierung lehnte neue staatliche Hilfen für den Reisekonzern ab. Ein Sprecher des Wirtschaftsministeriums sagte am Montag in Berlin, es gebe haushalterische, rechtliche und wirtschaftliche Gründe, weswegen keine weiteren Hilfen über die «sehr vielen grossen Hilfen» hinaus erfolgt seien.
Bund erwartet einen Ausfall von 84 Prozent der Forderungen
Aus Regierungskreisen hiess es, im Zuge von Verhandlungen über Forderungen des Bundes aus der Corona-Pandemie habe man sich darauf geeinigt, dass der Investor diese dem Bund zu Marktpreisen abkaufe. Das hätte Verluste für den Bund bedeutet. Bei der Insolvenz könnten diese nun aber deutlich höher ausfallen. In Regierungskreisen wird ein Ausfall von rund 84 Prozent erwartet.
Reisesicherungsfonds soll sich um Urlauber kümmern
Jetzt ist der 2021 gestartete Deutsche Reisesicherungsfonds am Zug. Er soll sich bei einer Pleite eines Reiseanbieters um die Erstattung der Vorauszahlungen der Kunden, gegebenenfalls den Rücktransport gestrandeter Urlauber sowie deren Unterbringung bis zum Rücktransport kümmern.
Der von der deutschen Touristikwirtschaft organisierte und vom Bundesjustizministerium beaufsichtigte Fonds war nach der Insolvenz des Reisekonzerns Thomas Cook im September 2019 gegründet worden. Die Versicherung hatte damals wegen einer Haftungsbeschränkung nur einen Bruchteil der Kosten ersetzt, der Staat sprang mit Millionen ein.
Familie Sawiris als Hauptgesellschafter
Die FTI Group mit etwa 11’000 Beschäftigten war in der Pandemie, die die Branche in eine schwere Krise stürzte, in Bedrängnis geraten. Zuletzt sah sich der nach Tui und DER Touristik drittgrösste europäische Reisekonzern wieder auf Kurs. Im vergangenen Geschäftsjahr 2022/2023 verzeichnete das Unternehmen ein Umsatzplus von 10 Prozent auf 4,1 Milliarden Euro und erwirtschaftete einen Ertrag in zweistelliger Millionenhöhe. Nähere Details zum Ergebnis machte das Unternehmen nicht. Hauptgesellschafter war zuletzt die ägyptische Investoren-Familie Sawiris. (awp/mc/pg)