Robert Jakobs Wirtschaftslupe: Mutti und der Technokrat
Von Robert Jakob
Welten scheinen die beiden zu trennen. Hier der smarte Schnellredner Merz, dort die einstige Mutter der Nation mit ihrer einschläfernden, nichtssagenden Diktion. Hier der knallharte Wirtschaftsliberale, dort die etatistische Weichspülerin, aber gleichzeitig auch wirksamer Globalisierungspuffer. Ausser den drei ersten Buchstaben ihres Nachnamens scheinen sie nichts gemeinsam zu haben. Wäre da nicht die Partei.
Angela Merkel macht aus ihrem Herz keine Mördergrube. Als ihren Nachfolger auf dem CDU-Parteithron wünscht sie sich Annegret Kramp-Karrenbauer, nicht Merz. Nach aussen, typisch Merkel, hält sie sich erst einmal bedeckt.
Friedrich Merz ist sicherlich geballte Kompetenz. Der Sauerländer war als Referendar am Landgericht Saarbrücken und nach dem zweiten Staatsexamen als Richter am dortigen Amtsgericht tätig. Dann begann eine steile Karriere, die Friedrich Merz ins Europaparlament und auf zahlreiche Aufsichtsratssessel führte. Er ist auch Vorsitzender der Atlantikbrücke, einer Organisation, die sich für eine wirtschafts-, finanz-, bildungs- und sogar militärpolitische Zusammenarbeit zwischen den Vereinigten Staaten und Deutschland einsetzt.
Wem nützt Merz?
Was wie eine Steilvorlage zur Verbesserung der Deutsch-Amerikanischen Beziehungen aussieht, kann sich aber als Eigentor erweisen. Friedrich Merz ist seit 2016 Aufsichtsratschef und somit gleichsam oberster Cheflobbyist für den US-Konzern Blackrock in Deutschland. Blackrock ist ein ungemein erfolgreicher Anlagefonds. Er ist bei rund einem Drittel aller DAX-Unternehmen grösster Einzelaktionär. Dies ist nicht anrüchig, sondern ein gutes Investment. In der Schweiz arbeitet übrigens der frühere Präsident der Schweizerischen Nationalbank (SNB), Philipp Hildebrand, nach seinem Ausscheiden aus der SNB für Blackrock als Vice Chairman.
Die USA und China schnappen sich bereits seit Jahren fleissig deutsche Firmen, weil die bundesrepublikanischen Steuergesetze Ausländer bevorzugen. Wenn Merz CDU-Vorsitzender oder gar Bundeskanzler wird, wobei er Letzteres mit Sicherheit aufgrund seines ungebrochenen Ehrgeizes anstrebt, so stellt sich die Frage des cui bono. Wem nützt Merz? Er hat durch seine gute Verdrahtung in Politik und Wirtschaft für die USA sicherlich viele Türen geöffnet. Es wäre aber naiv zu glauben, dass er über den eigenen ökonomischen Tellerrand hinauskommt. Merz war jahrzehntelang knallharter und glänzend bezahlter Anwalt von bedeutenden Industriegruppen und Unternehmen und forderte weniger Sozialleistungen und mehr Eigenverantwortung, in vielen Reden und als Gründungsmitglied der von Arbeitgeberverbänden getragenen Denkfabrik Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM).
Merz erinnert an Nicolas Sarkozy. Schnelldenker, aber viel zu verbandelt mit der Wirtschaft. Auch der einstige französische Staatspräsident hatte nicht den richtigen politischen Instinkt, als er unmittelbar nach seinem Wahlsieg 2007 auf der Jacht des Wirtschaftskapitäns Vincent Bolloré mehrere Tage lang gratis feierte. Um nicht den Hauch von Verrat deutscher Interessen an amerikanische Grossunternehmen aufkommen zu lassen, wäre Merz schon einmal gut beraten, sein lukratives Blackrock-Mandat aufzugeben, wenn er die CDU führen will.
Wie ein christliches Kontrastprogramm wirkt da seine Herausforderin Annegret Kramp-Karrenbauer. Als Merkel sie zur CDU-Generalsekretärin machte, verzichtete sie freiwillig auf das Übergangsgeld, das ihr im Saarland als ehemalige Ministerpräsidentin eigentlich für bis zu zwei Jahre zugestanden hätte. Wenn es um den Zusammenhalt der Nation geht, ist Annegret Kramp-Karrenbauer sicher die bessere Wahl. Allerdings nicht für Amerikaner. Denn die dürften allein schon den Namen unaussprechlich finden.
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