Ukraine: Russische Truppen setzen sich im Osten fest

Ukraine: Russische Truppen setzen sich im Osten fest
Ukraines Präsident Wolodymyr Selenskyj. (Bild: president.gov.ua)

Kiew – Russische Truppen haben sich nach ukrainischen Angaben in mehreren Orten in der Ostukraine festgesetzt. UN-Chef Antonio Guterres will sich im grossen Stil in die Ukraine-Diplomatie einschalten. Nach einem Treffen mit Kremlchef Wladimir Putin in Moskau wird er kommende Woche auch zu Präsident Wolodymyr Selenskyj in die Ukraine reisen. Selenskyj selbst rief die Ukrainer dazu auf, sich mit allen Mitteln gegen die russische Besetzung zu wehren.

Ukrainischen Angaben zufolge haben russische Einheiten etwa in der Kleinstadt Losowa, einem wichtigen Eisenbahnknotenpunkt in der Region Charkiw im Osten des Landes, Fuss gefasst, wie der der ukrainische Generalstab in seinem Bericht am Freitagabend mitteilte.

In den Gebieten Selena Dolyna in der Region Donezk und dem etwa 40 Kilometer östlich liegenden, vor wenigen Tagen eroberten Krimenna in der Region Luhansk, bauten russische Truppen ihre Positionen aus und bereiteten sich auf weitere Vorstösse vor. Auch in dem Ort Stepne in der Region Donezk hätten sie Fuss fassen können.

Abgewehrt habe man Angriffe etwa in der Region Luhansk, die laut ukrainischen Angaben bereits zu rund 80 Prozent unter russischer Kontrolle steht, im Bereich der Stadt Rubischne und des Dorfes Nowotoschkiwske. Die Angaben konnten nicht unabhängig geprüft werden.

Selenskyj ruft Ukrainer zu Widerstand gegen Russland auf
Der ukrainische Präsident rief die Bürger seines Landes zum Widerstand gegen den russischen Angriffskrieg auf. «Jeder muss sich bei jeder Gelegenheit gegen die Besetzung wehren», sagte Selenskyj in seiner allabendlichen Videobotschaft in der Nacht zum Samstag. Die Menschen sollten nicht mit den Russen kooperieren. Jene, die in von russischen Einheiten kontrollierten Gebieten lebten, sollten diesen «so viele Probleme wie möglich machen.»

Selenskyj: Moskau soll sich um Russischsprachige in Russland kümmern
Selenskyj reagierte auch auf Russlands Konkretisierung seiner Kriegsziele. Das Gebiet, in dem Russland sich um die Rechte der Russischsprachigen kümmern sollte, «ist Russland selbst», sagte er. Dort gebe es keine Meinungsfreiheit, es gedeihe Armut.

Am Freitag hatte ein russischer hochrangiger Militär gesagt, in der zweiten Phase des Krieges in der Ukraine wolle man den Donbass im Osten sowie den Süden des Landes einnehmen und da sei noch ein Zugang zu Transnistrien, wo auch eine «Unterdrückung der russischsprachigen Bevölkerung» festgestellt werde. Russland begründet mit dieser Argumentation auch seinen Angriffskrieg in der Ukraine. In der von der Republik Moldau abtrünnigen Region Transnistrien sind russische Truppen stationiert.

Die Aussagen aus Russland bestätigten zudem, was er bereits mehrmals gesagt habe: «Dass die russische Invasion in die Ukraine nur der Anfang sein sollte und sie danach andere Länder einnehmen wollen.»

Ukraine: Möglicher Fluchtkorridor aus Mariupol am Samstag
Ukrainischen Angaben zufolge könnte am Samstag eine Evakuierung aus der stark zerstörten ukrainischen Hafenstadt Mariupol stattfinden. Das teilte die Vizeregierungschefin Iryna Wereschtschuk am späten Freitagabend auf Facebook mit. Sie schrieb weiter, dass Fluchtkorridore aus der Stadt bereits mehrmals gescheitert seien und dass sie verstehe, wie schwer dies für die Menschen sei. «Sie und ich müssen es aber so oft versuchen, bis es klappt.»

London: Änderung der russischen Taktik dürfte noch dauern
Eine Ankündigung des russischen Verteidigungsministers Sergej Schoigu, nicht näher bestimmte «neue Methoden der Kriegsführung» einzusetzen, ist nach britischer Einschätzung ein stillschweigendes Eingeständnis, dass Russland in seinem Angriffskrieg gegen die Ukraine nicht vorankommt wie geplant. Dennoch werde es eine Weile dauern, die Taktiken anzupassen und zu verbessern, teilte das britische Verteidigungsministerium am Freitagabend unter Berufung auf Geheimdienstinformationen mit. Das gelte besonders für den landbasierten Manöverkrieg.

UN-Generalsekretär trifft Putin und Selenskyj
Rund zwei Monate nach Beginn der russischen Invasion in die Ukraine will UN-Generalsekretär António Guterres kommende Woche Russland und die Ukraine besuchen. Nach einem Empfang durch Russlands Präsident Putin am Dienstag in Moskau wird Guterres in die Ukraine weiterreisen und dort am Donnerstag unter anderem Präsident Selenskyj treffen, wie die Vereinten Nationen am Freitag (Ortszeit) in New York mitteilten. Der UN-Chef hatte zuvor um die Treffen gebeten, um im Ringen um eine Waffenruhe in dem Konflikt zu vermitteln. Die Reise nach Moskau dürfte eine der wichtigsten in Guterres› Zeit als UN-Generalsekretär werden.

Medwedew: Europa «überlebt keine Woche» ohne russisches Gas
Der russische Ex-Präsident Dmitri Medwedew hat auf eine Leitlinie der EU-Kommission reagiert, wonach es scheine, dass EU-Unternehmen russisches Gas ohne Sanktionsverstoss bezahlen könnten. Man schätze die «Konsequenz und Prinzipientreue der europäischen Partner», schrieb Medwedew in der Nacht zum Samstag auf Telegram und fügte einen lachenden Smiley und ein Clown-Emoji hinzu. Vor allem, wenn man bedenke, dass nach aktuellen Daten des Internationalen Währungsfonds (IWF) Europa höchstens sechs Monate ohne russisches Gas auskomme. «Aber ernsthaft, sie werden keine Woche überleben.»

Satellitenbilder sollen mögliche weitere Gräber bei Mariupol zeigen
Unweit der von russischen Truppen belagerten südostukrainischen Hafenstadt Mariupol deuten Satellitenbilder auf ein mögliches weiteres Massengrab hin. «Dieses Mal im linksufrigen Stadtbezirk beim Friedhof von Wynohradne», teilte der Stadtratsabgeordnete Petro Andrjuschtschenko am Freitag bei Telegram mit. Die Besatzungskräfte würden so versuchen, Kriegsverbrechen zu verschleiern. Die vom US-Satellitenfotodienst Maxar verbreiteten Aufnahmen aus dem Zeitraum vom 22. März bis 15. April sollen einen Friedhof bei Wynohradne vor, während und nach einer Erweiterung der Gräber zeigen. Die Angaben können nicht unabhängig überprüft werden.

Russland nennt Opferzahl auf untergegangenem Raketenkreuzers «Moskwa»
Eine Woche nach dem Untergang des Kriegsschiffs «Moskwa» hat die russische Führung ein Todesopfer eingeräumt, 27 Matrosen würden vermisst. «Im Kampf um das Überleben des Schiffs ist ein Soldat ums Leben gekommen, weitere 27 Besatzungsmitglieder sind verschollen», teilte das Verteidigungsministerium am Freitag laut der Nachrichtenagentur Interfax mit. Über Verletzte gab es keine Angaben. Kremlkritische Medien hatten nach Gesprächen mit Angehörigen von eine deutlich grösseren Anzahl an Toten und Vermissten gesprochen. (awp/mc/ps)

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