Stolz der Schwarzmeerflotte – Russischer Kreuzer «Moskwa» gesunken
Kiew – Schwerer Schlag für Russlands Streitkräfte: Sieben Wochen nach dem Beginn des Krieges gegen die Ukraine ist das russische Kriegsschiff «Moskwa» («Moskau») – ein Stolz der Marine – im Schwarzen Meer gesunken. Der Raketenkreuzer war zuvor stark beschädigt worden. Uneinigkeit herrschte auch noch am Freitag, ob das Flaggschiff der russischen Schwarzmeerflotte von ukrainischen Raketen des Typs «Neptun» getroffen wurde oder – wie die russische Seite angibt – durch die Detonation von Munition beschädigt wurde.
Die «Moskwa» sei am Donnerstag während eines Sturms untergegangen, als sie an ihr Ziel geschleppt werden sollte, teilte das russische Verteidigungsministerium mit. Ein Abschleppen sei notwendig geworden, da das Schiff seine Stabilität aufgrund von Schäden am Rumpf verloren habe, hiess es weiter. «Bei stürmischer See sank das Schiff.»
An dieser Darstellung haben zumindest einige internationale Militärexperten ihre Zweifel: Der Wind in der Region um Sewastopol, wohin das Schiff mutmasslich gebracht werden sollte, sei am Donnerstag gar nicht besonders stark gewesen, berichtete etwa der US-Sender CNN unter Berufung auf einen früheren General. Sewastopol auf der 2014 annektierten Halbinsel Krim ist der Hauptstandort der russischen Schwarzmeerflotte.
Im täglichen Briefing des russischen Verteidigungsministeriums war von der gesunkenen «Moskwa» schon am Freitagmorgen keine Rede mehr. Kremlsprecher Dmitri Peskow sagte später am Tag lediglich, dass Präsident Wladimir Putin derzeit keinen Besuch in Sewastopol plane. Und die Regierungszeitung «Rossijskaja Gaseta» berichtete gar nicht über das Schiff.
Schwerer Verlust
Doch Moskaus Zurückhaltung kann nicht darüber hinweg täuschen, dass Russlands Marine einen schweren Verlust erlitten hat. Die 1979 zu Wasser gelassene und 1983 in Dienst gestellte «Moskwa» war der grosse Stolz der russischen Schwarzmeerflotte, mehr als 180 Meter lang und mit einer Besatzung von mehr als 500 Mann. Zudem ist der Kreuzer erst vor wenigen Jahren runderneuert worden. Er verfügt über eine gewaltige Feuerkraft und eigentlich auch modernste Luft- und Raketenabwehrsysteme.
Für die weitere Kriegsführung der Russen bedeutet der Untergang durchaus Probleme. Denn der russischen Flotte geht nicht nur jede Menge Feuerkraft verloren. Ihre Kriegsschiffe, die bislang ungehindert in ukrainischen Gewässern navigierten und von dort Landziele unter Beschuss nahmen, müssen sich darauf einstellen, zunehmend zum Ziel von Küstenbatterien zu werden.
Zudem nutzte Putin das imposante Schiff immer wieder für Treffen mit wichtigen Staatsgästen. Im Jahr 2014 etwa empfing er auf der «Moskwa» – damals lag der Kreuzer im Hafen der südrussischen Stadt Sotschi – den ägyptischen Präsidenten Abdel Fattah al-Sisi.
«Russisches Kriegsschiff, verpiss dich!»
Und auch darüber hinaus hat der Untergang der «Moskwa» eine gewaltige symbolische Bedeutung. Immerhin handelt es sich um jenen Kreuzer, der in den ersten Kriegstagen nahe der Schlangeninsel von dem ukrainischen Marineinfanteristen Roman Hrybow aufgefordert worden sein soll: «Russisches Kriegsschiff, verpiss dich!» Inzwischen ist dieser Spruch zu einem geflügelten Wort in der Ukraine geworden.
Erst am Dienstag – einen Tag vor dem Brand auf der «Moskwa» – hatte die ukrainische Post Schlangeninsel-Briefmarken, -Karten sowie einen Sonderstempel herausgegeben.
«Wo ist Moskau? Gesunken»
Überhaupt kommt aus Kiew nach dem Untergang grosse Häme. «Wo ist Moskau? Gesunken», schrieb der ukrainische Präsidentenberater Olexij Arestowytsch bereits am Donnerstag. Und Verteidigungsminister Olexij Resnikow twitterte schadenfroh, die Ukraine habe nun eine neue Attraktion für Taucher im Schwarzen Meer zu bieten. Auch er selbst wolle zu dem Schiffswrack hinunter schwimmen – «nach unserem Sieg im Krieg».
Bis Freitag gab das russische Verteidigungsministerium nicht bekannt, ob der Untergang der «Moskwa» Todesopfer forderte. Aus Moskau hiess es zwar, die Besatzung sei nach einem Brand auf andere Schiffe der Schwarzmeerflotte in der Gegend gebracht worden. Der Sprecher des US-Verteidigungsministeriums, John Kirby, hingegen sagte dem TV-Sender CNN, es sei «wahrscheinlich», dass es bei dem Vorfall Tote und Verletzte gegeben habe. An Bord seien bis zu 500 Soldaten gewesen.
«Ich weiss nicht, wie viele sie runtergebracht haben. Wir haben Hinweise gesehen, dass es Rettungsboote gab und dass einige Matrosen das Schiff verlassen konnten», sagte Kirby, ein pensionierter Konteradmiral der US-Marine. «Aber falls es von einer Rakete getroffen wurde – selbst falls es nur eine interne Explosion war, die Munition verbrannt hat, so wie es die Russen sagen – wird man wahrscheinlich an Bord Tote und Verletzte haben.» (awp/mc/ps)