Russland muss mit verschärften EU-Sanktionen rechnen
EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso. (Bild © Europäische Union, 1995-2012)
Moskau / Kiew / Brüssel – Tausende Kämpfer und Hunderte Panzer sind nach Angaben der ukrainischen Führung aus dem Ausland auf ukrainisches Gebiet vorgedrungen. Russland muss mit nochmals verschärften Wirtschaftssanktionen der EU rechnen – als Strafe für die Unterstützung der Aufständischen in der Ostukraine.
EU-Kommissionschef José Manuel Barroso sagte am Samstag in Brüssel nach einem Treffen mit dem ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko, er erwarte eine neue Sanktionsrunde. Mehrere Optionen lägen auf dem Tisch.
Die Staats- und Regierungschefs der EU wollten während ihres Gipfeltreffens über schärfere Sanktionen beraten. Erst Ende Juli hatten sie den Zugang russischer Banken zu den EU-Finanzmärkten erschwert, bestimmte Hochtechnologie-Exporte verboten und Ausfuhrverbote für Spezialgeräte zur Ölförderung verhängt.
Keine einheitliche Position
Bereits zum Gipfelbeginn wurden Differenzen zwischen den 28 EU-Regierungen deutlich, wie man auf die von der NATO und westlichen Regierungen kritisierte Präsenz russischer Truppen in der Ostukraine reagieren sollte.
Die litauische Präsidentin Dalia Grybauskaite sprach davon, dass Russland sich im Krieg mit ganz Europa befinde und forderte Waffenlieferungen an die Ukraine. Energische Schritte und sofortige neue Sanktionen gegen Russland forderte der estnische Ministerpräsident Taavi Roivas.
Dagegen sagte der sozialdemokratische österreichische Bundeskanzler Werner Faymann, dass die Sanktionen gegen Russland nicht die erhoffte Wirkung gebracht hätten und sie kein Allheilmittel seien. «Man soll sich von Sanktionen weniger versprechen als von Friedensverhandlungen», mahnte er. Zurückhaltend waren auch Finnland und die südlichen EU-Staaten.
«Die Entwicklung ist so gravierend, dass der EU-Rat reagieren muss», sagte Frankreichs Präsident François Hollande. Russische Waffen und Kämpfer befänden sich in der Ukraine.
Poroschenko will von EU Waffen
In der Ukraine sind nach Einschätzung von Präsident Poroschenko inzwischen «Tausende ausländische Soldaten und Hunderte ausländische Panzer» aktiv. Der «russischen Aggression» müsse eine Reaktion Europas folgen, sagte er in Brüssel.
Eine mögliche Reaktion könnte die Lieferung von Kriegsmaterial sein. Poroschenko bat deshalb den Westen um mehr Unterstützung für den Kampf gegen die Separatisten.
«Der Präsident rief die EU-Mitgliedsländer auf, der Ukraine militärtechnische Hilfe zur Verfügung zu stellen», hiess es in einer Erklärung des ukrainischen Präsidentenamtes nach einem Treffen Poroschenkos mit Polens Regierungschef Donald Tusk. Die ukrainische Führung sei auf Hilfe der EU-Staaten angewiesen, um den Konflikt im Osten des Landes lösen zu können, sagte Poroschenko nach den Angaben am Samstag.
Soldaten freigelassen
Parallel zu den Beratungen in Brüssel gingen die Kämpfe in der Ostukranie weiter. In Ilowaisk im umkämpften Gebiet Donezk liessen Separatisten Dutzende eingekesselte ukrainische Soldaten frei. Sie kehrten über spezielle Korridore zu ihren Lagern zurück, wie Innenminister Arsen Awakow mitteilte.
Die Separatisten berichteten, es seien Hunderte Soldaten gewesen. Zuvor hatte der russische Präsident Wladimir Putin die Separatisten aufgerufen, den eingeschlossenen Verbänden einen Korridor zu öffnen.
Angesichts der Kämpfe in der Ostukraine haben nach Moskauer Behördenangaben bisher mehr als 130’000 Ukrainer in Russland Flüchtlingsstatus beantragt. Insgesamt hätten sich seit Ausbruch des Konflikts im April rund 820’000 Menschen aus den umkämpften Gebieten Lugansk und Donezk in Russland niedergelassen, teilte die Migrationsbehörde mit. (awp/mc/ps)