Wladimir Putin ((© Host Photo Agency/g20russia.ru)
Moskau / Kiew – In der Krim-Krise versucht Kremlchef Wladimir Putin die Wogen zu glätten. Russland wolle sich die ukrainische Halbinsel nicht einverleiben und auch keinen Krieg gegen das Nachbarland führen, versicherte Putin am Dienstag. Der Westen empörte sich weiter über den Militäreinsatz. Moskau müsse seine Truppen zurück in die Kasernen rufen, forderte US-Aussenminister John Kerry. Sonst würden die USA und ihre Partner Russland «politisch, diplomatisch und wirtschaftlich isolieren». Putin konterte, Sanktionen schadeten auch dem Westen.
Die USA beschuldigen den Kreml, in den vergangenen Tagen mit Tausenden Soldaten, die aus Kalkül keine Abzeichen tragen, die überwiegend von Russen bewohnte Halbinsel besetzt zu haben. Putin bestritt dies und sprach von «Selbstverteidigungskräften», die auf der Krim für Sicherheit sorgten.
OSZE- Beobachter reisen auf die Krim
Klarheit soll nun eine militärische Beobachtermission der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit (OSZE) bringen, die schon am Mittwoch auf die Krim reisen soll. Das beschlossen am Dienstagabend 20 Länder der Organisation in Wien, wie die Nachrichtenagentur dpa aus westlichen Diplomatenkreisen erfuhr. Die OSZE fährt auf Einladung der Ukraine in das Land. Ob die unbewaffneten Beobachter tatsächlich Zugang zur Krim bekommen, sei noch unklar.
Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen äusserte sich alarmiert. «Trotz wiederholter Aufforderungen der internationalen Gemeinschaft verletzt Russland weiterhin die Souveränität und die territoriale Unversehrtheit und missachtet die eigenen internationalen Verpflichtungen», sagte Rasmussen nach Beratungen des Nato-Rates in Brüssel.
Washington droht mit Sanktionen
Die US-Regierung fror alle Kontakte zum russischen Militär ein. Jegliches Engagement des US-Militärs mit den Streitkräften Russlands sei gestoppt worden, teilte das Pentagon mit. Auch gemeinsame Übungen, bilaterale Treffen, Hafenvisiten und Planungskonferenzen seien ausgesetzt worden. US-Präsident Barack Obama warnte, seine Regierung erwäge eine ganze Reihe von Massnahmen, um Russland zu isolieren und ökonomisch zu schaden.
Auch die Staats- und Regierungschefs der 28 EU-Staaten könnten schon am Donnerstag Sanktionen beschliessen. Infrage kommt etwa, Gespräche mit Moskau über Visa-Erleichterungen auszusetzen oder gar Einreiseverbote zu verhängen sowie Bankkonten einzufrieren.
Lage auf der Krim weiter angespannt
Auf der zur Ukraine gehörenden Schwarzmeer-Halbinsel Krim blieb die Lage derweil angespannt, aber ruhig. Der ukrainische Ministerpräsident Arseni Jazenjuk warf Putin einen Bruch des Völkerrechts vor. «Die autonome Republik Krim war, ist und bleibt auch ukrainisches Territorium», sagte Jazenjuk der «Bild»-Zeitung (Dienstag). Zugleich forderte Jazenjuk die russische Regierung auf, den Konflikt friedlich und auf diplomatischem Weg zu lösen.
Zeitgleich mit der Ankunft von US-Aussenminister Kerry in Kiew sicherten die USA der nahezu bankrotten Ukraine eine Milliarde US-Dollar (726 Mio Euro) Hilfe für die Energieversorgung zu. Die Ukraine ist von Gaslieferungen aus Russland abhängig. Offenbar ist auch die EU bereit, die Finanzhilfen für die frühere Sowjetrepublik aufzustocken.
Putin: Momentan keine Notwendigkeit für Militäreinsatz
Die ukrainische Führung hat nach den Worten von Jazenjuk offiziell Kontakt zur russischen Regierung aufgenommen. «Erste Schritte hin zu Konsultationen der Minister sind getan», betonte Jazenjuk. Ein Thema seien die Schulden der Ukraine von rund zwei Milliarden US-Dollar für Gaslieferungen.
Putin zeigte sich offen für Gespräche mit dem Westen, insbesondere für den deutschen Vorschlag einer internationalen Kontaktgruppe. Er drohte allerdings einen Militäreinsatz in der Ostukraine für den Fall an, dass es dort zu Übergriffen auf russische Bürger komme. Im Moment aber sehe er dafür keine Notwendigkeit. «Russland hat keine Absicht, Krieg gegen das ukrainische Volk zu führen.»
Krim-Bewohner sollen selber über Zukunft entscheiden
Über den künftigen Status der Schwarzmeer-Halbinsel sollten die Bewohner selbst entscheiden, sagte Putin. Derzeit sei kein Anschluss vorgesehen. Auf der Krim ist am 30. März ein Referendum geplant. Die prorussische Führung strebt einen Status als Staat an.
Putin liess zugleich eine vor Tagen begonnene Militärübung auf russischem Territorium planmässig beenden. Westliche Politiker hatten die Übung mit etwa 150’000 Soldaten sowie Flugzeugen, Panzern und Schiffen inmitten des eskalierten Ukraine-Konflikts als Drohgeste gewertet.
Die Aufnahme des entmachteten ukrainischen Präsidenten Viktor Janukowitsch in Russland bezeichnete Putin als humanitären Akt. «Ich denke, er hat keine politische Zukunft mehr», betonte Putin. Ungeachtet dessen betrachte Russland Janukowitschs Entmachtung als nicht legitim. (awp/mc/upd/ps)