Russland Präsident Wladimir Putin. (© Host Photo Agency/g20russia.ru)
Moskau – Ungeachtet der wochenlangen prowestlichen Proteste in der Ukraine hat Präsident Viktor Janukowitsch mit Russland milliardenschwere Gasrabatte und einen Megakredit vereinbart. In Kiew wurden am Abend neue Massenproteste der prowestlichen Opposition um Boxweltmeister Vitali Klitschko gegen die engere Zusammenarbeit mit dem östlichen Nachbarland erwartet.
Die nahezu bankrotte Ukraine zahle an den Staatskonzern Gazprom künftig nur noch 268,50 Dollar pro 1000 Kubikmeter Gas und damit erheblich weniger als der Westen. Das sagte Kremlchef Wladimir Putin Agenturen zufolge am Dienstag nach einem Treffen mit Janukowitsch in Moskau. Bisher lag der Preis bei 430 Dollar. Zudem kaufe ein russischer Staatsfonds ukrainische Staatsanleihen, sagte Putin. Ein Beitritt Kiews zu einer von Moskau dominierten Zollunion sei nicht besprochen worden. Die Hilfe ist nach Ansicht von Experten für die Ukraine überlebenswichtig im Kampf gegen die schwere Wirtschaftskrise in dem Land mit mehr als 45 Millionen Einwohnern.
Putin sagte, die ukrainischen Schwierigkeiten seien eine Folge der weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise. «Mit dem Ziel der Unterstützung des Staatshaushalts der Ukraine hat die Regierung der Russischen Föderation den Beschluss gefasst, einen Teil der eigenen Reserven aus dem Fonds für Nationalen Wohlstand in Höhe von 15 Milliarden US-Dollar in Wertpapieren der ukrainischen Regierung anzulegen», erklärte der Kremlchef.
Assoziierungsabkommen mit der EU nicht unterzeichnet
In Kiew demonstriert die Opposition seit Wochen für eine EU-Annäherung ihres Landes und gegen einen Ostkurs. Die Kundgebungen hatten begonnen, nachdem Janukowitsch Ende November die Unterzeichnung eines weitreichenden Assoziierungsabkommens mit der Europäischen Union verweigert hatte. Kritiker werfen Putin vor, eine Konkurrenz zur EU nach dem Vorbild der früheren Sowjetunion aufzubauen.
Vereinbarung ohne Bedingungen?
Die Vereinbarung «ist mit keinen Bedingungen verbunden, weder mit der Erhöhung, Senkung oder dem Einfrieren sozialer Standards, Renten, Transferleistungen oder Ausgaben», versicherte Putin. Janukowitsch dankte seinem Kollegen. «Ohne den politischen Willen des russischen Präsidenten Wladimir Putin wäre diese fruchtbare Arbeit, wäre die heutige Vereinbarung unmöglich gewesen», sagte er. Janukowitsch sprach von «konstruktiven und substanziellen» Verhandlungen.
Der ukrainische Vizeregierungschef Juri Boiko betonte, der neue Gaspreis gelte vom 1. Januar 2014 an. Die Ukraine hatte seit Jahren versucht, die Anfang 2009 nach einem «Gaskrieg» mit Russland vereinbarten Preise massiv zu senken. Wegen des Vertrags war die frühere Regierungschefin Julia Timoschenko in einem internationl umstrittenen Prozess zu sieben Jahren Haft verurteilt worden. Die Justiz wirft ihr Amtsmissbrauch vor. Die Ukraine als wichtiges Transitland für russische Gaslieferungen in die EU zahlt bisher höhere Preise als die meisten EU-Staaten.
Timoschenko: «Anfang vom Ende unserer Unabhängigkeit»
Timoschenko warnte, eine enge Anlehnung an Russland bedeute den «Anfang vom Ende unserer Unabhängigkeit». «Mit Russland werden wir alles verlieren, was wir haben», erklärte die Oppositionsführerin in einem schriftlich geführten Interview des Magazins «Stern». Sie warf ihrem Erzfeind Janukowitsch vor, er habe sich zu einem Diktator gewandelt, der sein Land ausraube.
Klitschko hofft auf Steinmeier
Klitschko forderte den neuen deutschen Aussenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) zur Vermittlung in Kiew auf. Er hoffe, dass sich Steinmeier «genauso wie (sein Amtsvorgänger) Guido Westerwelle» für die Freiheit der Ukraine einsetze, schrieb Klitschko, nach Freigabe seines Titels als Schwergewichtsweltmeister nur noch Champion im (zwischenzeitlichen) Ruhestand, in der «Bild»-Zeitung. Etwa 30 Abgeordnete auch von Klitschkos Partei Udar (Schlag) blockierten aus Protest gegen die Regierung das Parlament. Die Sitzung wurde daraufhin nach wenigen Minuten abgebrochen. (awp/mc/pg)