US-Präsident Barack Obama beim Briefing der Nationalen Katastrophenbehörde FEMA.
Washington – Das Rennen um die US-Präsidentschaft bleibt für die Rivalen eine Zitterpartie. Nun müssen Präsident Barack Obama und sein Herausforderer Mitt Romney auch noch um ihr Wahlkampffinale bangen. Neun Tage vor der Abstimmung gefährdete am Sonntag der befürchtete Jahrhundertsturm an der Ostküste ihre Terminplanung. Beide sagten wichtige Auftritte ab. Es gibt düstere Prognosen, wonach der Sturm zu weit verbreiteten Stromausfällen führen wird, die bis zum Wahltag am 6. November auch die Stimmabgabe beeinträchtigen könnten. Andererseits bietet die Katastrophe den Wahlkämpfern auf der Zielgeraden eine neue Bühne.
Präsident Obama liess sich hochkonzentriert bei einem Briefing der Nationalen Katastrophenbehörde FEMA fotografieren. Wie sein Sprecher Jay Carney sagte, griff Obama auch zum Hörer, um mit den Gouverneuren und Bürgermeistern der betroffenen Staaten und Städte über die drohende Unwetterkatastrophe zu reden. «Alles, was sie brauchen, werden sie bekommen», sagte Obama. «Wir wollen sicherstellen, dass wir den Ereignissen möglichst vorgreifen und bereit sind.»
«Katharina»-Desaster vermeiden
Obama will vor der Wahl in anderthalb Wochen unbedingt ein Desaster wie nach Hurrikan «Kathrina» im August 2005 vermeiden. Damals geriet Ex-Präsident George W. Bush heftig wegen der unkoordinierten Hilfe der Regierung in die Kritik.
Der Präsident sagte zwei Wahlkampfauftritte ab. Wegen des Wirbelsturmes könne er einen Termin mit Ex-Präsident Bill Clinton am Montag im US-Bundesstaat Virginia nicht wahrnehmen. Er wolle lieber im Weissen Haus sein, um die Sturmfolgen und Koordinierung der Hilfsmassnahmen intensiv zu verfolgen, teilte sein Sprecher Carney mit. Einen Stopp am Dienstag in Colorado strich Obama ebenfalls aus dem Programm. Einen Besuch in Florida zog er einen Tag vor, um am Montagabend schneller als «Sandy» wieder in Washington zu sein.
Wahlkampfpläne sturmbedingt geändert
Auch der republikanische Herausforderer Romney hatte seine Wahlkampfpläne sturmbedingt ändern müssen. Anstatt – wie geplant – nach Virginia, reiste er am Samstag nach Ohio, um dort an der Seite seines Vizekandidaten Paul Ryan um Wähler zu werben. «Lasst uns heute, wenn wir nach Hause kommen, all die Menschen an der Ostküste in unsere Gebete einschliessen, die von dem Sturm bedroht sind», appellierte Ryan dort bei einem Auftritt in der Stadt Celina.
Der vom Atlantik herannahende Hurrikan überlagerte auch neue Umfragen, wonach Obama in den beiden besonders heiss umkämpften Bundesstaaten Ohio und Virginia knapp in Führung liegt.
In dem wegen seiner vielen Wechselwähler besonders heiss umgekämpften Bundesstaat Virginia liegt Obama nach einer Umfrage der «Washington Post» mit 51 zu 47 Prozent vorn. In dem wohl wahlentscheidenden Staat führt Obama nach einer CNN-Umfrage mit 50 Prozent vor Romney mit 46 Prozent. Der Vorsprung sei allerdings so knapp, dass eine sichere Voraussage nicht möglich sei, erklärte der Sender.
Umkämpfter Bundesstaat Ohio
Der Bundesstaat Ohio hat beim Rennen um die Präsidentschaft hohen Symbolwert. Wer hier gewinnt, hat den Wahlsieg praktisch in der Tasche. Noch niemals in der Geschichte der USA zog ein Republikaner ins Weisse Haus ein, ohne Ohio für sich gewonnen zu haben. Der letzte demokratische Kandidat, der es ohne Ohio ins Präsidentenamt schaffte, war John F. Kennedy vor mehr als 50 Jahren.
Der Staat im Mittleren Westen gehört zu sogenannten Swing States (Wechsel-Staaten), in denen traditionell sowohl Demokraten als auch Republikaner eine Chance haben. Wie wahlentscheidend diese Staaten sind, rechnete die «New York Times» auf der Basis von Umfragen sowie Interviews mit beiden Lagern vor. Demnach hat Obama in anderen Bundesstaaten 185 der 270 Wahlmänner sicher. Gut aufgestellt sei er auch in Bundesstaaten, die weitere 58 Wahlmänner stellen. Romney komme auf insgesamt 206 Wahlmänner. Deshalb geht es nach Angaben des Blattes jetzt vor allem um die 89 Wahlmänner aus Wechsel-Staaten wie Colorado, Florida, Iowa, New Hampshire, Ohio, Virginia und Wisconsin. Am wichtigsten sind dabei Florida mit 29 und Ohio mit 18 Wahlmännern. (awp/mc/ps)