Walldorf – Europas grösster Softwarehersteller SAP geht trotz durchwachsener Geschäftszahlen mit etwas mehr Optimismus in sein traditionell starkes Schlussquartal. Die gute Auftragslage gibt den Walldorfern Zuversicht, bei Umsatz und Ergebnis etwas besser abzuschneiden als bisher angepeilt. «Alle Kennzahlen zum Geschäftsausblick tendieren zum oberen Ende der jeweiligen Bandbreite vom Jahresanfang», sagte Finanzchef Luka Mucic am Freitag in Walldorf.
Der Produktumsatz mit Cloud-Software zur Miete aus dem Internet sowie mit herkömmlichen Lizenzprogrammen soll nun um einen halben Prozentpunkt stärker wachsen als bisher gedacht und zwischen 6,5 und 8,5 Prozent zulegen. Die Erlöse mit der Cloud sollen nun mindestens 3 Milliarden Euro erreichen, ebenfalls etwas mehr als bisher. Auch beim um Sondereffekte bereinigten Gewinn vor Zinsen und Steuern (Ebit) erwartet SAP nun ein stärkeres Plus als bislang – auf 6,5 bis 6,7 Milliarden Euro nach 6,35 Milliarden im Vorjahr. Zuvor hatte ein Mindestziel von 6,4 Milliarden in der Planung gestanden.
Cloudsoftware bleibt Wachstumstreiber
Allerdings sahen Experten am Markt keinen Grund zu grenzenlosem Optimismus. Die Zahlen zum abgelaufenen dritten Quartal waren ihnen zufolge nämlich durchwachsen ausgefallen. So zahlt sich die Umstellung auf Cloudsoftware für den Weltmarktführer bei Unternehmenssoftware mehr und mehr aus, und die durch milliardenschwere Zukäufe stark ausgebaute Sparte wächst weiterhin kräftig. Auch bei den Lizenzen kann SAP dank der neuen Softwareversion S4 Hana punkten. Laut Analyst Harald Schnitzer von der DZ Bank schnitt der Konzern hier besser ab als gedacht. Allerdings blieb das operative Ergebnis hinter den Erwartungen zurück.
In den Monaten Juli bis September erzielte SAP dank eines deutlichen Plus im Neugeschäft mit Mietsoftware insgesamt einen Umsatz von 5,4 Milliarden Euro und damit acht Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Das bereinigte operative Ergebnis stieg lediglich um ein Prozent auf 1,64 Milliarden Euro und fiel damit schwächer aus als von Experten erwartet. Die operative Gewinnmarge sank unerwartet kräftig auf 30,5 Prozent. Unter dem Strich verdiente SAP mit 725 Millionen Euro fast 20 Prozent weniger als vor einem Jahr. Grund seien unter anderem aktienbasierte Gehaltsbestandteile für Mitarbeiter, die wegen des starken Aktienkurses stärker zu Buche schlugen als noch im Vorjahr. Dies allein habe 300 Millionen Euro ausgemacht, sagte Mucic.
Analysten: SAP auf Kurs zu starkem Schlussquartal
Analysten von Citi und UBS bemängelten die verfehlten Gewinnerwartungen. Thomas Becker von der Commerzbank verwies auf solide Ergebnisse im Lizenzverkauf, die Erlöse aus dem erklärten Wachstumsfeld Cloud seien dagegen etwas weniger stark gestiegen als gedacht. Die angehobenen Jahresprognosen träfen nun das, was am Markt ohnehin erwartet worden sei. Durch ein starkes viertes Quartal könnte es beim Ergebnis am Ende noch eine positive Überraschung geben.
Experte Schnitzer von der DZ Bank wertete die Zuversicht der Walldorfer als gutes Zeichen. Offenbar könne das Unternehmen die weiteren Aussichten gut einschätzen. UBS-Experte Michael Briest geht davon aus, dass die Lizenzsoftware im Schlussquartal noch einmal deutlich besser abschneiden könnte als von Vorstand angedeutet. Dies mache die Sorgen um die operative Marge wieder wett.
Unterdessen baute SAP seine Belegschaft weiter aus – trotz des Abfindungsprogramms für 3000 Beschäftigte im vergangenen Jahr. Mit gut 82’426 Mitarbeitern weltweit beschäftigte SAP weltweit gut 7000 mehr als noch vor einem Jahr. (awp/mc/upd/ps)