SAP-CEO Bill McDermott. (Foto: SAP)
Walldorf – Europas grösster Softwarekonzern SAP trotzt der Unruhe um den geplanten Austritt der Briten aus der EU. Der Brexit hat zum einem kaum Spuren in der Bilanz hinterlassen. Zudem sollen die Geschäfte weiter schwungvoll weiterlaufen. Daran liess die Führungsriege des Konzerns am Mittwoch zur Vorlage der Zahlen kaum Zweifel aufkommen.
«Nach wie vor sehen wir auch in Grossbritannien in den kommenden 12 Monaten gute Geschäftsmöglichkeiten», sagte Finanzchef Luka Mucic der Finanz-Nachrichtenagentur dpa-AFX. Langfristig will Konzernchef Bill McDermott gar aus dem Umstellungsbedarf der Unternehmen Kapital schlagen.
Aktie steuert auf Rekordhoch zu
Von April bis Juni gelang es den Walldorfern, die Schwächen vom Jahresbeginn auszubügeln. Der Lizenzverkauf fest installierter Software zog unerwartet kräftig um 6 Prozent auf 1,04 Milliarden Euro an. Nach einem enttäuschenden ersten Quartal hatte das Management schon angedeutet, dass es den verlorenen Boden wieder gut machen wollte. Am Markt kam das sehr gut an, mehrere Analysten werteten die Zahlen als klar positive Überraschung.
Die Aktie des an der Börse wertvollsten deutschen Unternehmens lag mittags in der Dax-Spitzengruppe mit rund 4 Prozent auf 74,55 Euro im Plus. Auch auf Jahressicht liegt das Papier damit wieder in der Gewinnzone und steuert auf das im Dezember erreichte Rekordhoch von 75,75 Euro zu.
Cloudgeschäft mit Mietsoftware brummt weiter
SAP-Chef Bill McDermott verwies insbesondere auf starkes Wachstum der Geschäfte in Europa – in vielen Ländern fielen die Wachstumsraten zweistellig aus. Der Brexit kurz vor Toresschluss des Quartals habe auch in Grossbritannien keinen nennenswerten Effekt gehabt, erklärte er. Analysten schätzen den Umsatzanteil des Landes für den SAP-Konzern ohnehin auf recht niedrige 5 Prozent. Damit lägen sie nicht so schlecht, sagte Finanzchef Mucic. Offizielle Zahlen gibt das Unternehmen nicht bekannt.
Der Finanzchef zeigte sich auch zuversichtlich, die bestätigte Ergebnisprognose dieses Jahr zu erreichen. Auch das im Vergleich noch nicht so lukrative Geschäft in der Cloud macht Fortschritte. Insgesamt liege das Unternehmen im Plan, dieses Jahr hier stabile oder leicht steigende Bruttomargen zu erzielen – dabei sind einige Kosten wie zum Beispiel Verwaltungsausgaben ausgeklammert. «In diesem Jahr investieren wir noch stark, zum Beispiel in Rechenzentren», erklärte Mucic die vorsichtige Zielsetzung.
Nach dem ersten Halbjahr steht der Dax-Konzern hinsichtlich des Ausblicks auch beim Produktumsatz gut da. McDermott setzt auch weiter auf die Pipeline anstehender Abschlüsse. Mittelfristig könne der EU-Austritt Grossbritanniens sogar zu neuen Aufträgen führen, bei Kunden entstehe nämlich dadurch Optimierungs- und Anpassungsbedarf.
Überraschend starke Marge im Tagesgeschäft
Der Konzernumsatz kletterte im zweiten Quartal um 5 Prozent auf 5,24 Milliarden Euro. Das um Sondereffekte wie Umbaukosten bereinigte Ergebnis vor Zinsen und Steuern stieg um 9 Prozent auf 1,52 Milliarden Euro, die Marge legte dank der anziehenden lukrativen Lizenzverkäufe sowie Kostensenkungen auf 28,9 Prozent zu – deutlich besser als von Experten geschätzt. Weil im Vorjahr unter anderem hohe Abfindungszahlungen belastet hatten, wuchs das Konzernergebnis überdurchschnittlich stark um fast drei Viertel auf 813 Millionen Euro.
Ein Treiber für SAP bleibt die neue Version der Kernsoftware S4 Hana, mit der ganze Unternehmen zu grossen Teilen gesteuert werden sollen. Die Zahl der Kunden stieg innerhalb von drei Monaten um rund 500 auf 3700. Bei den Programmen zur Unternehmenssteuerung – mit denen SAP Weltmarktführer ist – habe man insgesamt über 30 000 Kunden, sagte Mucic. Daran gemessen liege der Anteil derer, die schon umgestiegen sind, beachtlich hoch. Der Umstieg gehe viermal schneller vonstatten als in vorangegangenen Update-Zyklen. Zudem gewinne SAP hier viele Neukunden.
Verlässlicher Wachstumsträger war zudem einmal mehr die Cloud-Software mit plus 30 Prozent auf bereinigt 721 Millionen Euro Umsatz. In der Sparte hat das Unternehmen unter der Führung von McDermott in den vergangenen beiden Jahren milliardenschwer zugekauft. (awp/mc/upd/pg)