Nicolas Sarkozy, französischer Staatspräsident.
Brüssel – Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy will eine Kontrolle der internationalen Rohstoffmärkte. Vor allem müsse die Spekulation mit Agrarprodukten an den Finanzmärkten reguliert werden, sagte er am Dienstag bei einer Konferenz über Rohstoffmärkte in Brüssel: «Diese Märkte sind ein Witz.»
Sarkozy, derzeit Vorsitzender der G20-Gruppe führender Wirtschaftsnationen, sieht in den zunehmenden Schwankungen von Rohstoffpreisen eine akute Gefahr für das neue Wirtschaftswachstum nach der globalen Finanzkrise. «Die Deregulierung der Finanzmärkte hat die Welt an den Abgrund geführt. Ein Markt ohne Regeln ist kein Markt mehr.» Er werde die G20-Staaten bitten, Berichte über die Lage auf ihren Agrarmärkten zu erstellen.
Mangel an Transparenz
Dass europäische Handelsplätze nicht durch Regeln beeinträchtigt werden dürften, die an anderen Orten nicht bestehen, akzeptiere er nicht: «Wenn ein Land die Mafia nicht bekämpft, sollen wir alle deswegen die Mafia nicht mehr bekämpfen?» EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso beklagte ebenfalls eine «zunehmende Verflechtung» zwischen klassischen Märkten von Agrarprodukten und Finanzmärkten: «Natur und Umfang dieser Verbindungen sind wegen Mangels an Transparenz schwer abzuschätzen.» Eine bessere Regulierung sei zweifellos nötig, doch müsse dies so geschehe, dass die Händler nicht auf weniger regulierte Märkte abwanderten.
«Jeder muss seine Agrarproduktion erhöhen»
Sarkozy sagte, die weltweite Agrarproduktion müsse bis 2050 um 70 Prozent steigen, um die dann neun Milliarden Bewohner der Erde zu ernähren: «Jeder muss seine Agrarproduktion erhöhen.» Zu den alternativen Energiequellen, die zu fördern seien, zählte er auch die Atomenergie: «Man soll mir mal sagen, wie wir unsere Klimaziele erreichen können, wenn man die fossilen Energiequellen ausbaut, die erneuerbaren Energiequellen abwartet und auf die Atomenergie verzichtet.» Wie auch auf anderen Märkten seien gerade im Agrarbereich Preisveränderung unverständlich. «Wenn Preisveränderungen auf dem Wetter oder anderen nachvollziehbaren Entwicklungen beruhen, dann kann man das akzeptieren – aber nicht, wenn sie Folge der Spekulation an den Finanzmärkten sind.»
«Niemand weiss, wer an den Märkten die Preise bestimmt»
An den Finanzmärkten werde im Handel mit sogenannten Derivaten ein Vielfaches des tatsächlichen Warenwertes umgesetzt. Niemand wisse, wer an den Märkten die Preise bestimme. Es sei «inakzeptabel», dass ein einziger Händler den gesamten verfügbaren Kakao aufkaufe, «ohne auch nur einen einzigen Cent dafür auszugeben» – und anschliessend mit erheblichem Gewinn und immer noch ohne Investition eines einzigen Cent wieder verkaufe. Europa habe die Pflicht, ein Modell für die Regulierung der Rohstoffmärkte zu entwickeln. Entsprechende Register von Handelstransaktionen könnten beispielsweise bei der UN-Ernährungsorganisation FAO geführt werden. «Wir können uns nicht immer am Schlechtesten orientieren, der die wenigsten Regeln will.» (awp/mc/upd/ps)