Schafft Bahrain den Neuanfang?
Das Inselkönigreich Bahrain will mit dem Untersuchungsbericht der «Unabhängigen Kommission» reinen Tisch machen und die Wunden der Revolte vom Februar/März heilen helfen.
Aus Bahrain berichtet Gérard Al-Fil.
Manama – Am heutigen Mittwoch will die Unabhängige Kommission, kurz BICI, die die Frühjahrskrawalle in Bahrain untersucht, ihren Abschlussbericht König Hamada Al-Khalifa vorlegen.
Die Unabhängige Untersuchungskommisison BICI wurde am 29. Juni eingesetzt, um zu untersuchen, inwieweit Polizei und Armee unverhältnismässige Gewalt gegen Demonstranten angewendet haben. Die Einsetzung der Untersuchungskommission war eine Hauptforderung der Opposition, die vom Herrscherhaus politische Reformen will und auch Foltervorwürfe gegen die Behörden erhebt.
Monarchie unter Druck
Bei Gewalt geladenen Protesten gegen das Königshaus von Februar bis März im Zuge des Arabischen Frühlings wurden an Manamas zentralen Perlen-Verteilerkreis etwa 40 Demonstranten getötet und über 800 verletzt. Es gab 828 Verhaftungen. Ausserdem wurden 846 Polizisten verwundet, vier erlagen ihren Verletzungen. Etwa 2000 Menschen, die die Proteste unterstützten oder selbst auf die Strasse gingen, verloren ihren Job. Bei der Untersuchungskommission BICI gingen rund 9000 schriftliche Beschwerden von Bürgern ein. Ausserdem durften 5000 Menschen vor der Kommission Stellung nehmen.
Vorsitzender der Kommission ist der aus Ägypten stammende Mahmoud Cherif Bassiouni, ein anerkannter Professor für internationales Strafrecht. Bassiouni untersuchte u. a. Kriegsverbrechen in Bosnien und wurde 1999 für den Friedensnobelpreis nominiert.
Heranziehung zur Rechenschafft versprochen
Die Öffentlichkeit wird allerdings erst Anfang Dezember den Wortlaut des Berichts der Untersuchungskommission einsehen können. Heute, 23. November, wird lediglich eine Übergabezeremonie des Berichts im Safriya-Königspalast südlich von Manama stattfinden. Abdulaziz Al-Khalifa, Kommissar für internationale Medienkontakte des Königshauses von Bahrain, sagte am Dienstag in einem Interview mit Moneycab, der Golfsstaat hoffe, dass «nach dem Abschlussreport die Bahraini ihre Streitigkeiten beilegen und zu einem Neuanfang bereits sind.» Polizisten und Armeeangehörige, die erwiesenermassen folterten und wehrlose Demonstranten verletzt oder getötet hätten, würden bestraft.
Zur Ruhe gekommen ist Bahrain indes nicht. In den letzten Wochen und Monaten wurde in Manama sporadisch demonstriert.
Bahrain: Nahtstelle der Regionalmächte Saudi-Arabien und Iran
Pikant an der Angelegenheit ist, dass Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate Truppen sendeten, um der chronisch in Unterzahl befindlichen Armee von Bahrain bei der Wiederherstellung von Ruhe und Ordnung zu helfen. Denn der Sturz eines benachbarten Monarchenn käme für die arabischen Golfstaaten, aus Angst vor einem Domino-Effekt, einem Super-GAU gleich. Alle drei Staaten sind, wie auch Katar, Kuwait und Oman, Mitglieder des Golf Ko-operationsrates (GCC), der zum militärischen Beistand im Krisenfall verpflichtet.
Grund für den Iran zu sagen, Bahrain sei de facto «ein besetztes Land.» Der iranische Präsident Mahmoud forderte Riad und Abu Dhabi wiederholt auf, ihre Truppen aus Bahrain abzuziehen. Zwei Drittel der rund 800 000 Bahraini sind, wie 90 Prozent der Iraner, Schiiten und sprechen neben Arabisch auch Farsi, die Amtssprache im Iran. Die Herrscherfamilie unter König Al-Khalifa dagegen sind wie alle Monarchen am Golf Suniten. In Teheran haben in der Vergangenheit Politiker und Parlamentarier immer mal wieder behauptet, Bahrain sei aus historischen Gründen ein Teil des Iran.