Paris – Frankreich hat am Sonntag die Schliessung des umstrittenen Atomkraftwerks Fessenheim rund 40 Kilometer nördlich von Basel besiegelt. Das im Amtsblatt veröffentlichte Dekret knüpft die Stilllegung indes an die Inbetriebnahme des neuen Atomkraftwerks in Flamanville.
Der Verwaltungsrat des Betreibers EDF hatte der Schliessung am vergangenen Donnerstag nur unter Bedingungen zugestimmt: So soll Fessenheim erst dann geschlossen werden, wenn der Europäische Druckwasserreaktor (EPR) in Flamanville am Ärmelkanal ans Netz geht – er soll aber Ende 2018 fertig sein. Das Dekret nimmt diese Bedingung auf. Es bindet die Aufhebung der Betriebserlaubnis für Fessenheim an den EPR-Starttermin. Bereits im Januar hatten sich der Stromgigant EDF und der französische Staat auf eine Entschädigung von rund 490 Mio EUR für die Kosten der Schliessung verständigt.
Der Reaktor in Flamanville hätte ursprünglich schon 2012 in Betrieb gehen sollen, bei seinem Bau traten aber immer neue Schwierigkeiten auf. EDF peilt die Inbetriebnahme nun für das zweite Quartal 2019 an.
Pannen und Zwischenfälle
Im Atomkraftwerk Fessenheim gibt es immer wieder Pannen und Zwischenfälle. Kritiker verweisen zudem auf das Erdbebenrisiko in der Region. Ein Reaktor ist bereits seit vergangenem Jahr vom Netz, weil Materialfehler an einem Dampferzeuger überprüft werden. Mit dem Dekret vom Sonntag verlängert sich die Laufzeit von Fessenheim zunächst weiter. Die beiden Reaktoren sind seit 40 Jahren in Betrieb. Umweltschützer in Frankreich, Deutschland und der Schweiz kämpfen seit langem für ihre Stilllegung.
Umweltministerin Ségolène Royal würdigte das Dekret am Sonntag als Beitrag zur Energiewende, die Frankreichs Abhängigkeit von der Atomkraft verringern soll. Der Beschluss könnte allerdings von einer künftigen Regierung durch eine Gesetzesänderung rückgängig gemacht werden, dies hatte Ministerin Royal am Freitag selbst eingeräumt.
Wahlversprechen Hollandes
Präsident François Hollande hatte im Wahlkampf 2012 versprochen, Fessenheim bis Ende 2016 stillzulegen. Das Dekret erfolgte nun wenige Wochen vor Ende seiner Amtszeit. Französische Gewerkschaften wehrten sich gegen die Abschaltung.
Frankreich setzt seit Jahrzehnten auf die Nuklearenergie. Drei Viertel des Strombedarfs kommen aus Atommeilern. (awp/mc/pg)